Böhmer flapst mit Komiker
Dessau/MZ. - Zu hören gab es für Dieter Hallervorden am Donnerstagabend im Anhaltischen Theater eine ganze Menge. Und nur Gutes. Mit dem Premierenapplaus für "Die Nervensäge" war der Abend für den Schauspieler und Komiker noch nicht zu Ende, er fing erst an. Im nahezu ausverkauften Theater warteten die Zuschauer darauf, dass Hallervorden die Ehrenbürgerschaft seiner Geburtsstadt übertragen wird. Dies hatte der Stadtrat im März vergangenen Jahres beschlossen.
Ein guter Beschluss, wie Dessaus amtierender Oberbürgermeister Karl Gröger betonte, denn "wir ehren einen Mann, der mehr als nur seine Wurzeln in seiner Geburtsstadt hat". Gröger war der erste Redner, der sich in das eilig ins Bühnenbild getragene Pult stellte, und er sorgte unfreiwillig dafür, dass die eben gesehene Komödie durchaus eine Fortsetzung fand: sein mangelndes Gespür für die Situation ließ nicht nur Hallervordens Mimik sprechen, sondern animierte auch das Publikum immer wieder zu Lachern über diese unfreiwillige Komik.
Vertrauter war Ministerpräsident Wolfgang Böhmer einer Bühne. Er scherzte und flapste mit dem zu Ehrenden, freute sich, dass dieser ihn eingeladen hatte, obwohl er doch als Politiker laut Hallervorden zu den "Lieferanten" des Komikers gehöre. Dem "hellwachen politischen Mensch" Hallervorden dankte Böhmer auch als Politiker. "Manchmal braucht man einen Spiegel der Satire, damit man sich umdreht und weiß, dass man etwas falsch gemacht hat", sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident.
Dessaus Stadtratsvorsitzendem Stefan Exner oblag es, die Laudatio auf den neuen Ehrenbürger der Stadt zu halten. Mit der Auszeichnung als Ehrenbürger würdige man Hallervordens herausragende künstlerische Leistungen am Anhaltischen Theater, sein Engagement für seine Geburtsstadt und für die Fusion der Städte Dessau und Roßlau. Exner beschränkte sich auf eine knappe und leidenschaftslose Aufzählung der Lebensdaten und Erfolge Dieter Hallervordens, für den dann endlich, nachdem Blumen und Urkunde den Besitzer gewechselt hatten, das Rednerpult frei wurde.
"Da ich eine große Begabung habe, Lob und Anerkennung in unbegrenztem Maß ertragen zu können, bin ich heute sehr zufrieden. Ich habe mich sogar ein bisschen gefreut, ein bisschen sehr sogar", begrüßte Dieter Hallervorden sein Publikum, das ihn zuvor mit stehenden Ovationen gefeiert hatte. Charmant plaudernd lobte er den Stadtrat für dessen Sachverstand, von dem schließlich der Beschluss über die Ehrenbürgerschaft zeuge, er erinnerte sich an seinen ersten Theaterbesuch in Dessau, damals wie heute stand "Boris Godunow" auf dem Spielplan. "Auch oder immer noch?" Auf jeden Fall habe Hallervorden damals gemerkt, dass die Oper nichts für ihn sei. Gut, dass er sich deshalb fürs Sprechtheater und Kabarett entschied, denn nur dadurch geschult, konnte sein Dankes-Mehrzeiler so richtig klingen. "Es dankt für diesen Knallerorden ganz herzlich euch der Hallervorden."
Dem blieb nichts hinzuzufügen, wenn da nicht noch bei der Premierenfeier im Theaterrestaurant einige Überraschungen auf den neuen Ehrenbürger gewartet hätten. Hier traf er - zugegeben wenig begeistert - seinen früheren Lehrer Günter Löffler (85). Gutscheine für Freibier in seiner Stammkneipe und ein Kohlrouladen-Essen, ein großformatiges Bild und vieles, was erst später ausgepackt werden sollte, füllten Dieter Hallervordens Tisch, der es schließlich genoss, als die Schar der Gratulanten kleiner wurde und der Abend auch für den neuen Ehrenbürger zu einer ganz normalen Premierenfeier im Kreise der Kollegen wurde.