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Kritik von Dessauer Unternehmer Bislang keine Impfung trotz Beförderung von Krebs-, Dialyse- und anderen stark geschwächten Patienten

Obwohl ein Dessauer Beförderungsunternehmen Krebs-, Dialyse- und andere stark geschwächte Patienten transportiert, werden die Mitarbeiter lange nicht geimpft.

27.04.2021, 14:16
Rolf-Dirk Hauch  will, dass seine Fahrer endlich geimpft  werden.
Rolf-Dirk Hauch will, dass seine Fahrer endlich geimpft werden. Foto: Thomas Ruttke

Dessau-Roßlau - Wenn die Angestellten von Rolf-Dirk Hauch die Schiebetür ihres Transporters schließen, sich auf den Fahrersitz setzen und den Motor starten, haben einige von ihnen ein mulmiges Gefühl. Nicht, weil mit dem Auto etwas nicht stimmen würde, sondern weil sie sich Sorgen um ihre Mitfahrer machen.

Hauch ist Geschäftsführer der in Waldersee ansässigen Firma WTD GmbH, die mit insgesamt 24 Fahrzeugen Behinderte, Dialyse-, Strahlen- und Chemotherapiepatienten in der Region befördert. Also genau die Bevölkerungsgruppe, für die eine Coronainfektion schlimme, wenn nicht tödliche Folgen haben könnte.

Das Problem: Obwohl sich Hauch seit Monaten um eine Impfung seiner Fahrer bemüht, wird er immer wieder abgewiesen. „Einer schiebt die Verantwortung auf den anderen. Als Fahrer von Hochrisikopatienten sind wir offenbar durch alle Impfkategorien gerutscht“, sagt er.

Als er nun auch noch davon hörte, dass Wahlhelfer in Sachsen-Anhalt bevorzugt geimpft werden, seine Angestellten aber nicht, riss ihm der Geduldsfaden

Als er nun auch noch davon hörte, dass Wahlhelfer in Sachsen-Anhalt bevorzugt geimpft werden, seine Angestellten aber nicht, riss ihm der Geduldsfaden. Er schrieb einen offenen Brief an das Gesundheitsministerium, den Pandemiestab, Oberbürgermeister Peter Kuras und verschiedene Krankenkassen.

„Als Unternehmer mit Verantwortung frage ich mich, wie ich den Schutz meiner Angestellten und ihrer Familien sowie den Schutz unserer Kunden gewährleisten kann sowie die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften durchsetzen soll und dies ohne jegliche Unterstützung“, schreibt er. Offenbar werde seine Branche nicht als relevant eingestuft wird, während Lehrer, Beamte, Wahlhelfer bereits geimpft seien.

Masken, Kittel, Handschuhe, unzählige Flaschen an Desinfektionsmittel und jetzt auch noch die Schnelltests

Ein weiteres Problem sei die Schutzausrüstung, mit der Hauch seine Mitarbeiter ausstatten muss. Die zahle er bislang aus eigener Tasche. Masken, Kittel, Handschuhe, unzählige Flaschen an Desinfektionsmittel und jetzt auch noch die Schnelltests, die er seinen Fahrern anbieten muss, verschlingen Unsummen. 30 bis 35 Prozent mehr, so schätzt der Geschäftsführer, muss er monatlich aufwenden, um die Patienten, die er fährt, zu schützen. „Von der Krankenkasse werden wir dabei nicht unterstützt“, sagt der Dessauer. Eher werde man hingehalten.

„Von den Krankenkassen bekamen wir bis Dezember vergangenen Jahres die Aussage und werden so bis heute hingehalten, dass durch die Politik die Mehrwertsteuer gesenkt wurde, Soforthilfen in Anspruch genommen und Kreditaufschub beantragt werden könne sowie der Kraftstoff ja preiswert ist“, schreibt er in seinem offenen Brief.

Nach seinem Offenen Brief habe die Stadt sich gemeldet und baldige Impftermine für seine Mitarbeiter in Aussicht gestellt

Mit der Realität habe das nicht viel zu tun. Die Mehrwertsteuer ist wieder auf ihrem ursprünglichen Niveau, Kreditaufschübe würden nicht mehr gewährt und von einem günstigen Benzinpreis könne auch keine Rede mehr sein. „Ganz zu schweigen von den Soforthilfen“, meint Hauch.

Inzwischen ist allerdings Bewegung in die Sache gekommen. Nach seinem Offenen Brief habe die Stadt sich gemeldet und baldige Impftermine für seine Mitarbeiter in Aussicht gestellt, berichtet Hauch einige Tage nach seinem verzweifelten Brief. „Ich freue mich, dass unsere Sorgen nun doch gehört wurden.“ (mz/Oliver Müller-Lorey)