Berufsorientierung in Dessau Berufsorientierung in Dessau: Schüler hinter Gittern

Dessau-Roßlau - Fast wäre es für Denise Hotze noch einmal eng geworden und die Schülerin wäre aufgeflogen mit ihrem Handy im Schuh. Ausgerechnet dort hatte sie Janka, eine Spürhündin für Handys, Simkarten und Ladegeräte, „erwischt“. Doch alles war am Mittwoch nur eine Demonstration des Dienstalltags hinter Gittern. 25 Schüler der 7. bis 10. Klassen aus Jena, Erfurt, Halle und Dessau-Roßlau nutzten den Tag der Berufe, um einen Blick hinter die Kulissen der Justizvollzugsanstalt (JVA) Dessau zu werfen. Hier konnten sie sich näher zur Arbeit des mittleren Vollzugs- und Verwaltungsdienstes in einer Haftanstalt informieren.
Extra aus Jena angereist
„Das ist doch irgendwie ein sehr interessanter Beruf - Kriminelle zu betreuen“, sagt Denise Hotze, Zehntklässlerin einer Berufsvorbereitenden Schule aus Jena. Mit ihren Großeltern und einer Freundin ist sie extra dafür nach Dessau-Roßlau gefahren.
In der Region haben sich über 140 Unternehmen und rund 400 Jugendliche mit ihren Eltern am achten Tag der Berufe beteiligt. Unternehmen öffneten die Werktore und gewährten Einblicke in Betriebsabläufe, Firmenchefs beantworteten Fragen. „Wir wollen eine frühzeitige Orientierung unterstützen und nah an der Praxis arbeiten“ sagt Sabine Edner, Chefin der Agentur für Arbeit Dessau-Roßlau-Wittenberg. Deswegen werden ganz bewusst auch Jugendliche ab Klassenstufe 7 angesprochen. „Erweist sich der vermeintliche Traumberuf eher als unpassend, bleibt noch ausreichend Zeit für eine neue Orientierung“, begründet sie.
Stagnierende Schülerzahlen, weniger Bewerber und immer mehr Unternehmen, die ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen können - das ist die aktuelle Situation auf dem Ausbildungsmarkt im Agenturbezirk. Die Chancen für Bewerber sind gestiegen. Dennoch blieben zum Ende des letzten Ausbildungsjahres 112 Stellen unbesetzt.
In den drei Besuchsstunden wurden ein Haftraum besichtigt, ein Rundblick über das Gelände der Dessauer JVA gegeben, im Vorhof ein Gefangenenvorführwagen präsentiert und viele Fragen beantwortet. Doch das Beste kam für Hotze und ihre Freundin Jenny Schellenberg fast zum Schluss, als Frank Griebel vom Revisionsdienst der Anstalt die Ausrüstung näher vorstellte und Marco Henneberg mit Hündin Janka auf eine „Handy-Expedition“ ging. Im Rahmen einer Schalterleiste hatte Henneberg ein Fundstück versteckt. Was genauso zuverlässig von der Spürnase geortet wurde wie das versteckte Handy im Schuh.
Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum fünf Haftanstalten in Sachsen-Anhalt speziell auf Handys und Drogen spezialisierte Diensthunde im Einsatz haben.
Seit dem vorigen Jahr sind in den fünf Haftanstalten Sachsen-Anhalts speziell auf Handys und Drogen spezialisierte Diensthunde im Einsatz. „Es ist menschlich verständlich gerade in den Abendstunden auf der Zelle ein Handy haben zu wollen, um mit der Familie zu telefonieren“, sagt André Tetzel, Sicherheitsdienstleiter der Dessauer JVA. Doch zu oft würden die Geräte missbraucht, um aus dem Gefängnis heraus Opfer und Zeugen in laufenden Gerichtsprozessen zu beeinflussen. Dass Drogen scheinbar den Alltag der Gefangenen „erleichtern“ und gleichzeitig ein hohes Gefährdungspotenzial im Umgang mit Mitgefangenen und dem Personal haben, ist selbstredend. Deshalb drehen die Spürhunde regelmäßig ihre Runden in den Besuchs- und Hafträumen. „Der Fantasie beim Schmuggel und den Verstecken sind keine Grenzen gesetzt“, weiß Tetzel. Trotzdem versehen er und seine Kollegen ihren Dienst ohne scharfe Waffen und Munition. „Unsere Waffen sind ein loses Mundwerk, unsere Hände und das Schlüsselbund“, erzählt der Sicherheitsdienstleiter. Selten zum Einsatz kommen Fesselwerkzeuge oder 15 Kilogramm schwere Westen, die vor Gewalteinwirkungen schützen sollen, und Schutzschilde mit integrierter LED-Beleuchtung.
In der Region haben sich über 140 Unternehmen und rund 400 Jugendliche mit ihren Eltern am achten Tag der Berufe beteiligt. Unternehmen öffneten die Werktore und gewährten Einblicke in Betriebsabläufe, Firmenchefs beantworteten Fragen. „Wir wollen eine frühzeitige Orientierung unterstützen und nah an der Praxis arbeiten“ sagt Sabine Edner, Chefin der Agentur für Arbeit Dessau-Roßlau-Wittenberg. Deswegen werden ganz bewusst auch Jugendliche ab Klassenstufe 7 angesprochen. „Erweist sich der vermeintliche Traumberuf eher als unpassend, bleibt noch ausreichend Zeit für eine neue Orientierung“, begründet sie.
Stagnierende Schülerzahlen, weniger Bewerber und immer mehr Unternehmen, die ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen können - das ist die aktuelle Situation auf dem Ausbildungsmarkt im Agenturbezirk. Die Chancen für Bewerber sind gestiegen. Dennoch blieben zum Ende des letzten Ausbildungsjahres 112 Stellen unbesetzt.
Die Bandbreite der Begegnung im Knastalltag ist groß. Doch genau das fasziniert Jenny Schellenberg. „Den richtigen Umgang mit den Gefangenen zu finden, auch über ihr Leben und die Perspektiven nach dem Knast zu sprechen, macht so einen Beruf doch nie langweilig“, findet die Zehntklässlerin. Sie möchte sich unbedingt für solch eine Ausbildung bewerben. Möglicherweise auch in Sachsen-Anhalt.
Zum ersten Mal am Tag der Berufe beteiligt
„Der personelle Bedarf im Justizvollzug ist immer da“, betont Monique Heinze, Personalleiterin der Dessauer JVA. Auch wenn die hiesige Haftanstalt mit ihren 237 Plätzen im Sommer höchstwahrscheinlich ihren Betrieb einstellen wird, werden an anderen Standorten, zum Beispiel Burg, neue Anwärter ausgebildet und bedienstet. Mit zehn und mehr Einstellungen in Sachsen-Anhalt rechnet Heinze, für 2016. „In der Wahrnehmung der Gesellschaft sind wir auch als Arbeitgeber eher eine Randerscheinung“, konstatiert Udo Winterberg, Behördenleiter der JVA. Deshalb war es für ihn nur folgerichtig, sich das erste Mal am Tag der Berufe zu beteiligen. „Die Resonanz war sehr gut“, ist er zufrieden. Dass mancher da auch nur seinen Voyeurismus bediente, ist für ihn denkbar. „Doch aus Voyeuristen können auch Interessenten werden“, hofft Winterberg, zukünftig mehr im Fokus bei der Berufswahl zu stehen. (mz)