Berufsbildungsgesetz bringt Probleme Berufsbildungsgesetz bringt Probleme: Wunschlehre auf der Kippe
Dessau/MZ. - Daniela Roye ist 22 Jahre alt und noch immer ohne abgeschlossene Lehre. Vom Arbeitsamt hatte sie eine Stelle vermittelt bekommen. "Das war von Anfang an nicht mein Ding", blickt die junge Frau zurück. "Aber ich wollte wenigstens was machen." Nach nicht bestandener Prüfung gab sie auf. Bewerbungen schrieb sie zwar, aber Antworten bekam sie nicht. Es folgte Arbeitslosengeld, dann -hilfe. "Von Freunden habe ich gehört, dass es hier die Möglichkeit zur Lehre geben könnte", erzählt sie.
Hier, das ist das Eis-Café Capri in Waldersee. Nach einem Sommerferieneinsatz hat sie einen Ausbildungsvertrag mit Inhaberin Christl Trägner unterzeichnet. Ebenso Nancy Noth, die zwei Hauptgründe dafür anführt. Das Arbeitsamt habe ihr in der Region keine Ausbildung bieten können, sagt sie, "und hier im Capri stimmt das Klima". Beide wollen sie Hauswirtschafterinnen werden. "Das ist abwechslungsreich", schwärmt die 19-Jährige. "Da sind vier Berufe in einem." Altenpflege, Hotelwesen, Köchin und Kellnerin zählt sie auf. "Wenn ich will, könnte ich da nachher noch weiter machen."
Die gerade vereinbarte Ausbildung jedoch ist durch das Berufsbildungsgesetz gefährdet. "Man hat mich de facto aufgefordert, den beiden zu kündigen", ist die Inhaberin des Eis-Cafés völlig fassungslos. Empört zeigt sie ein Schreiben der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau.
Die Walderseerin, die seit acht Jahren Hauswirtschafterinnen ausbildet, hatte gebeten, dort die beiden Berufsausbildungsverträge einzutragen. "Damit die Mädchen eine Registriernummer erhalten", erklärt die Eis-Café-Betreiberin. Die sei zum einen Voraussetzung für die Berufsausbildungsbeihilfe, welche die beiden Lehrlinge dringend für die Miete ihrer Wohnung und das Fahrgeld zur Berufsschule benötigen. Zum anderen ermögliche sie erst die Zulassung zur Prüfung. Die Landesanstalt hat die Registrierung jedoch abgelehnt. Begründung: "Vereinbarung einer unangemessenen Vergütung". Als nicht tarifgebunden dürfe Trägner nur bis zu 20 Prozent unter Tarif zahlen. Der vereinbarte Haustarif, dem die beiden jungen Frauen auch jetzt noch ausdrücklich schriftlich zustimmen, liegt darunter. Die Landesanstalt lässt der Walderseerin zwei Möglichkeiten: "die Vergütungshöhe bei Berücksichtigung der Rechtslage zu überdenken und gegebenenfalls zu ändern oder den Antrag zurückzunehmen".
Zu ersterem sieht sich Christl Trägner nicht in der Lage. 427 Euro seien im ersten Lehrjahr Tarif, sagt sie. Eine Summe, die bei 64 Stunden Tätigkeit in ihrem Betrieb gegenüber einer Angestellten mit tariflich 900 Euro Netto und 160 Stunden Arbeitszeit in keinem Verhältnis stehe. Für sie als Ausbildende liegt der Kostenaufwand zudem deutlich höher. Christl Trägner zählt auf: Lohnnebenkosten, Abgaben an die Berufsgenossenschaft und im Sozialen, Gebühren für Zwischenprüfungen und Prüfungen, Kosten für Berufsbekleidung und die Kooperationsausbildung sowie Arbeitsmittel.
Für diese Kosten bekomme sie keinerlei Fördermittel, wirft sie ein. Doch um Fördergeld geht es ihr gar nicht. Sie möchte den jungen Frauen helfen, ihren Berufswunsch zu erfüllen. "Ich weiß doch aus der eigenen Familie, wie schwierig sich die Suche gestaltet", erinnert sich Christl Trägner. Doch für die jungen Frauen sieht sie durchaus Chancen. "Die Mädchen sind in Ordnung", stellt sie fest und fügt an: "Alle, die bei mir gelernt haben, habe ich vermitteln können."
Nancy Noth und Daniela Roye haben deshalb nochmals schriftlich bestätigt: "Wir sind mit dem jetzigen Haustarif einverstanden und verzichten auf jegliche Rechtsmittel in diesem Zusammenhang."
Die Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau trifft dazu derzeit keine weitere Aussage. Die Prüfung der Berufsausbildungsverträge sei ein ganz normaler Vorgang. "Es gibt klare rechtliche Vorgaben, deren Einhaltung wir überwachen", sagt der stellvertretende Präsident Falko Holz. Bei diesen Verträgen in Waldersee bedürfe es noch einer Klärung. So lange der Vorgang, von dem Personen betroffen seien, noch laufe, gebe er keine weitere Erklärung dazu.