Bauer Reiner Lange geht in Rente Bauer Reiner Lange geht in Rente: Letzter Spargelbauer der Doppelstadt hat aufgegeben

Rietzmeck - In diesen Tagen klingelt das Telefon bei Bauer Lange in Rietzmeck öfter. Auch klopfen die Leute an das Tor der Rietzmecker Dorfstraße 20. Alle haben zwei Fragen: „Wann beginnt die Spargelsaison, ab wann können wir kaufen?“
Reiner Lange ist der letzte Spargelbauer in der Stadt Dessau-Roßlau. Im vergangenen Jahr entschied er, sein zwei Hektar großes Spargelfeld aufzugeben. Seine Kunden erfahren das jetzt, wo die Spargelsaison ins Haus steht. Doch die Bauernfamilie muss auf Nachfragen enttäuschen.
Den Hauptgrund für die Entscheidung sieht Reiner Lange in einem für ihn eigentlich freudigen Anlass. Seit April ist er offiziell Rentner und kann kürzer treten. Auch sind Christina und Reiner Lange in der glücklichen Situation, einen Nachfolger für ihren landwirtschaftlichen Betrieb zu haben. Seit Juli 2017 setzt Sohn Christoph eine Tradition fort, die 1717 begonnen wurde. So lange liegt die Rietzmecker Landwirtschaft schon in Familienhand. Wandel, weiß Lange, gab es in etlichen Generationen. Die Entscheidung, keinen Spargel mehr anzubauen, aber deutete sich schon länger an.
Zuletzt machte der Spargelanbau nicht einmal ein Prozent der Anbaufläche aus
1991 hatten sich Christina und Reiner Lange mit der Landwirtschaft selbstständig gemacht. Sie bewirtschaften 480 Hektar Ackerland bei Rietzmeck, darunter ein in Spitzenzeiten bis zu fünf Hektar großes Spargelfeld. Zuletzt machte der Spargelanbau nicht einmal ein Prozent der Anbaufläche aus. „Doch die Arbeit, die wir für Spargel investiert haben, betrug rund 50 Prozent unseres gesamten Aufwandes“, schätzt Lange.
In jedem Jahr standen zwischen April und Juni lange Tage und teils Nächte bevor. „Es ist ja nicht damit getan, den Spargel zu ernten. Er muss gewaschen, sortiert und für den Verkauf vorbereitet werden“, erklärt Lange. „Eigentlich habe ich im Januar immer schon unruhig geschlafen, weil ich nicht wusste, ob wir genügend Erntehelfer für den Spargel bekommen“, gesteht der Rietzmecker Bauer rückblickend.
Zuletzt wurden zehn laufende Kilometer Acker bewirtschaftet. Anfangs halfen Leute aus umliegenden Dörfern, später Arbeiter, die über eine Wittenberger Strukturfördergesellschaft vermittelt wurden. Die meisten blieben viele Jahre dem Ritzmecker Bauern treu. Noch später halfen rumänische Landarbeiter.
Langes Landwirtschaft orientiert sich um
„Doch der Aufwand war enorm“, sagt Reiner Langer, der in der Saison mit einem Stand zweimal die Woche seine Ernte auf dem Roßlauer Wochenmarkt verkaufte und dessen Frau Christina die Kunden ab Hof bediente. Dass der Kontakt mit der Kundschaft ausbleiben wird, findet sie schade. „Die Gespräche werden mir fehlen“, sagt Christina Lange und schmiedet eigene Pläne. Auf Erdbeeren im eigenen Garten hatte die Familie bisher verzichtet, weil deren Ernte sich mit der Spargelernte überschneidet. Es wird im Garten für private Zwecke etwas Spargel angebaut.
Langes Landwirtschaft orientiert sich um. Seit geraumer Zeit steht eine Mutterkuhherde französischere Charolais, einer begehrten Fleischrasse, hinter dem Gehöft, das direkt an die Elbe grenz. Die Tiere werden für die Zucht verkauft. Die Äcker werden von Christoph Lange mit Getreide, Mais, Raps bestellt. Hier wird der direkte Kontakt zum Verbraucher ausbleiben.
Landwirt Christoph Lange bewirtschaftet den Hof alleine. Christina Lange hilft. Und auch Reiner Lange packt, so gut er kann, mit an. „Jetzt habe ich endlich mal einen 38-Stunden-Tag. Andere kämpfen darum. Als Selbstständiger war so eine Arbeitszeit einfach nicht drin“, lehnt sich Lange senior zurück. (mz)