Ausstellung in der Galerie "Bauart" Ausstellung in der Galerie "Bauart": Gemütlichkeit per "Sitzmaschine"
Dessau/MZ. - Allem Anschein nach hegt die Galerie Bauart eine Vorliebe für Vierbeiner, was manchmal spektakulär sein kann. Im vorigen Jahr zeigte die Galerie in der Gropiusallee zusammen mit der Möbelfirma Tecta dem Bauhaus zum Roten Fest die rote Karte. Inzwischen ist das Objekt des Streites - Breuers Hocker B9 - höchstrichterlich zum Kunstwerk erklärt, was vor allem Klarheit über Urheberrechte schafft.
So provokant wie die alte ist die neue Ausstellung nicht, aber dafür bequemer. Denn diesmal steht kein Hocker, sondern der Sessel D 80 von Jean Prouvé (1901-1984) im Blickpunkt des solitären Interesses. Prouvé, der seine Ideen meist praxisnah an Prototypen ausarbeitete, hat den vor 1930 gezeichneten Sessel nie gebaut. Das besorgte Tecta-Chef Axel Bruchhäuser 1982. Nach einem Telefonat fuhr er nach Paris und stellte dem Konstrukteur den realisierten Entwurf kurzerhand auf das Trottoir. Wenig später lag Prouvé im Sessel, der stufenlos von einer aktiven in eine entspannte Haltung verstellt werden kann. Doch die fotografisch fixierte Pose der Entspannung täuschte. Denn Prouvé befühlte in horizontaler Lage sein früh gezeugtes und spät entwickeltes Kind.
Die weniger entspannende Ausstellung in der Dessauer Galerie zeigt neben einigen Nachbauten den Prototyp sowie Skizzen, Fotos und Briefe aus dem Stuhlmuseum Burg Beverungen. Blättert man im Werk des in Nancy geborenen Kunstschmiedes, fällt auf, dass der erwählte Sessel eine ästhetisch geglättete Sonderstellung einnimmt. Denn die große, formale Geste war Prouvés Sache nicht. Die inspirierende Maschine, von vielen Designer sakral verehrt, wird von ihm nicht ästhetisch poliert. Statt für gebogenes Stahlrohr begeisterte er sich für gestanztes und geripptes Stahlblech und bekannte sich zur Schweißnaht. Neben Möbeln bemühte sich der Konstrukteur und Fabrikant, das Bauhandwerk zu industrialisieren. Aus vorgefertigten Teilen sind auch seine "de Meudon" genannten Häuser. Vor dem Krieg als demontierbare Wohnbauten für Fliegerstützpunkte entworfen, wurden sie danach zur Behebung der Wohnungsnot gebaut. Stahl, Aluminium und Holz dienten als Material der variabel gestaltbaren Quader. Multifunktionalität und Beweglichkeit wurden entsprechend angestrebt.
Beweglich ist auch der Prouvés Sessel. Wenig beleibte Menschen, welche die Feder der "Sitzmaschine" nicht entsprechend regulieren, können allerdings unsanft aus der wahrlich bequemen Schwebelage katapultiert werden.
Ausstellung nur noch Fr-So von 12-18 Uhr.