Auch Täter brauchen Hilfe
Dessau/MZ. - Die psychischen Folgen von Gewalt und Möglichkeiten der Prävention und Intervention waren in diesem Jahr Schwerpunktthemen der Referate und Diskussionen. "Dass wir damit ein aktuelles Thema aufgegriffen haben, zeigt der volle Ratssaal", freut sich Sabine Falkensteiner, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt und neben der Beratungsstelle Wildwasser und dem Landesfrauenrat Mitveranstalter der Tagung, über die über 60 Teilnehmer. Mitarbeiter von Beratungsstellen, von Polizei und Justiz, Betreuer aus Jugendreinrichtungen und nicht zuletzt erfreulich viele Pädagogen, wie Falkensteiner hervorhebt, waren gekommen. "Wir wollen die Leute sensibilisieren für das Thema, indem wir ihnen Fachkenntnisse und Zusammenhänge vermitteln", erklärt Michaela Böttcher von der Beratungsstelle Wildwasser das Anliegen.
Den Kreislauf der Gewalt zeigte Anne K. Liedtke vom Institut für Rechtspsychologie Halle in ihrem Vortrag auf. "Kinder, die in ihrem Elternhaus Gewalt erlebt haben, egal ob psychischer oder physischer Art, werden häufig selbst gewalttätig", nennt sie eine der fatalsten Folgen der Gewalt. Denn die Bindungsstörung zu ihren Eltern wirke sich auf andere soziale Beziehungen im Leben aus. "Gewalt ist also ein Generationsproblem."
Ebenso wichtig wie die präventive Arbeit sei die Arbeit mit den Tätern, betonen die Experten. "Es ist erforderlich, dass diese, die oftmals auch Väter sind, Verantwortung für ihr Verhalten übernehmen und dies ändern", erklärt Sabine Falkensteiner. "Das geht aber nicht ohne professionelle Unterstützung." Seit Jahren erfolgreich auf diesem Gebiet arbeitet die Beratungsstelle "ProMann" in Magdeburg, die aber leider nicht flächendeckend in Sachsen-Anhalt tätig sei. Auch in Dessau-Roßlau, dem dritten Oberzentrum des Landes, gebe es diese nicht. "Obwohl das Sozialministerium schon vor einem Jahr die fachliche Notwendigkeit bescheinigt hat, ist die finanzielle Ausstattung noch immer nicht sichergestellt", kritisiert Falkensteiner. In einer öffentlichen Erklärung fordern die Tagungsteilnehmer dies vehement ein. "Hilflosigkeit, Kommunikationsprobleme, Alternativlosigkeit sind in 90 Prozent der Fälle Auslöser für die Schläge," weiß René Lampe von "ProMann". "Wir helfen den Männern, ihren typischen Tunnelblick zu verlieren, sich selbst wahrzunehmen und Verantwortung zu übernehmen."