Am liebsten Karpfen blau Am liebsten Karpfen blau: Seit 1992 führt Frank Ehrmann den Forellenhof Thießen

Thießen - Ein feiner Dunst hängt über den länglichen, wassergefüllten Betonbecken. Die feuchte Kälte kriecht sofort durch die Kleidung in die Knochen. 1.000 Tonnen Wasser aus der Rossel wälzen sich jede Stunde durch die Halle, das Rauschen dämpft jeden anderen Laut. Es riecht nach Fisch - unaufdringlich zwar, aber doch ganz deutlich.
Frank Ehrmann zieht einen großen Kescher durch eines der Becken. Einmal, zweimal - dann zappelt ein Karpfen von mindestens vier Kilo im Netz. Zwischen zwei und sechs Kilo bringen die Karpfen, die sich hier in den Becken tummeln, auf die Waage. Und entgegen der landläufigen Meinung würden die größeren Exemplare genauso gut schmecken wie die kleineren, sagt der Diplom-Fischingenieur.
Allein am 24. Dezember strömen regelmäßig 400 bis 500 Kunden auf den Hof
Seit 1992 führt Frank Ehrmann den Forellenhof in Thießen. Weihnachten sei dabei seit jeher der Höhepunkt des Jahres. Allein am 24. Dezember strömen regelmäßig 400 bis 500 Kunden auf seinen Hof, um Weihnachtskarpfen oder Forellen für Heiligabend zu holen. Dann reiche die Schlange gerne bis weit vor die Ladentür, so der 54-Jährige.
„Draußen reichen wir deshalb Glühwein, um die Leute warm und bei Laune zu halten.“ Am sichersten sei es ohnehin vorzubestellen, das verkürze die Wartezeit, mache es aber auch für ihn und seine zehn Angestellten etwas leichter. Die bestellten Fische würden schon vorab, am ganz frühen Morgen geschlachtet. Dass Kunden wie früher mit dem Eimer kommen, um sich den Weihnachtskarpfen lebend abzuholen und noch einige Tage in der heimischen Badewanne schwimmen zu lassen, komme nur noch äußerst selten vor. „Wir versuchen das auch zu vermeiden. Es ist am Ende doch nur eine Quälerei für die Tiere.“
Das Weihnachtsgeschäft ist enorm wichtig für den Thießener Fischbetrieb. „Im Advent machen wir den Umsatz des Jahres, da hängt viel dran“, erklärt Ehrmann völlig unaufgeregt. Ja, der Druck sei daher jetzt natürlich groß. Mit dem Geld, das er zu Weihnachten hoffentlich verdiene, müssten immerhin viele Löcher gestopft werden, die sich das Jahr über aufgetan hätten. „Aber das Weihnachtsgeschenk für meine Frau erzeugt auch immensen Druck bei mir“, stellt der Fischwirt verschmitzt grinsend fest.
Frank Ehrmann wollte nie etwas anderes als Fischer werden
Wenn in der Adventszeit der Stresspegel steigt, kann Ehrmann zudem auf seine Mitarbeiter bauen. „Ich habe eine prima Mannschaft. Manche arbeiten schon seit 18 Jahren für mich. Da bringt jeder eine Menge Erfahrung ein.“ Und so sei es dann auch möglich, an einem einzigen Tag mehr als 400 Kunden zu bedienen.
Gut 37 Jahre Erfahrung bringt auch er selbst mit. Und Frank Ehrmann wollte nie etwas anderes als Fischer werden. In Sachsen macht er zwischen 1981 und 1983 seine Lehre zum Fischwirt, arbeitet danach beim VEB Binnenfischerei Halle. „Zu DDR-Zeiten haben wir nur produziert. Wenn die Tiere ausgewachsen waren, kamen sie in den staatlichen Fischhandel.“ Die Arbeit am Kunden habe er daher nie wirklich gelernt. 1988 nimmt der Fischwirt zusätzlich ein Fernstudium zum Diplom-Fischereiingenieur an der Berliner Humboldt-Universität auf. Nach der Wende übernimmt er den Thießener Fischbetrieb von der Treuhand.
Sein Unternehmen hat der 54-Jährige über die Jahre so aufgestellt, dass es nicht ausschließlich vom Weihnachtsgeschäft abhängt. Neben diversen Süßwasserfischen, verkauft er im angrenzenden Laden auch Seefisch, der ihn tiefgekühlt erreicht. Ehrmann beliefert außerdem mehrere Edeka-Filialen und Restaurants mit Frischfisch.
Frank Ehrmann freut sich immer schon lange im Voraus auf die jährliche Karpfenlieferung
Das Dürrejahr 2018 ist an dem Thießener Unternehmen recht folgenlos vorüber gegangen. „Wir sind hier nah an der Quelle der Rossel. Das heißt, wir hatten ausreichend Wasser und die Temperatur ist selbst in diesem Hitzesommer nicht über 17 Grad gestiegen.“
Perfekte Bedingungen also für die Forellen, die Ehrmann in den Becken aufzieht. Für Karpfen sei es dagegen zu kalt. Die Tiere brauchen Temperaturen über 20 Grad, um zu wachsen. Die Weihnachtskarpfen stammen daher aus der Lausitz und kommen erst Ende September ausgewachsen nach Thießen.
Frank Ehrmann freut sich immer schon lange im Voraus auf die jährliche Karpfenlieferung. „Ich esse ihn einfach sehr gern - am liebsten Karpfen blau.“ Was viele Menschen jedoch vom Karpfen abschrecke, sind die vielen Gräten. Deshalb hat der Fischwirt Filets im Angebot, die er mit Hilfe einer Art Walze von nebeneinanderliegenden Scheiben „entgrätet“. „So durchtrennen wir die Zwischenmuskelgräten, die man dann problemlos mitessen kann.“ Er selbst esse zu Weihnachten allerdings Ente. „Aus Tradition. Fisch esse ich vorher schon so viel, da kommt es auf den Tag nicht an.“ (mz)
Karpfen-Fleisch kann sehr unterschiedlich aussehen. Entscheidend ist die Ernährung. Fressen die Tiere wie in Freiheit Muscheln, Schnecken und Wasserflöhe, kann das Fleisch eine tiefrote Farbe haben. Bekommen die Fische zum Beispiel Getreide, ist es eher hell.
