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85 Jahre Tischlerei Körting 85 Jahre Tischlerei Körting: Ein Familienunternehmen mit Handwerkstradition

Von Danny Gitter 01.04.2018, 12:00
Marvin Grahneis, Gernot Henze und Britta Grahneis (v.l.n.r) legen Wert auf alte Handwerkskunst. Die Aufarbeitung alter Türen gehört dazu.
Marvin Grahneis, Gernot Henze und Britta Grahneis (v.l.n.r) legen Wert auf alte Handwerkskunst. Die Aufarbeitung alter Türen gehört dazu. Lutz Sebastian

Dessau - Irgendwann haben sie sich vorgenommen, alle fünf Jahre ein Jubiläum zu feiern. Jetzt, am Gründonnerstag ist es wieder soweit. 85 Jahre stehen auf den Tag genau in der Firmenbiografie der Tischlerei Körting. Am 29. März 1933 gründete der Tischlergeselle Franz Körting das Unternehmen in Kochstedt. In zweiter, dritter und vierter Generation wird es noch heute in der Polysiusstraße weitergeführt. „Wir sind dankbar, dass wir uns als Familienunternehmen schon so lange behaupten konnten“, sagt Britta Grahneis.

Die Enkelin des Firmengründers, die ursprünglich Kindergärtnerin lernte, kam auf Wunsch ihres Vaters Wolfgang Körting 1993 ins Unternehmen. 2007 stieg sie in die Geschäftsführung ein. Wolfgang Körting hängt mit seinen 77 Jahren und 63 Jahren Berufserfahrung im Unternehmen noch zu sehr an seinem Lebenswerk, um es endgültig loszulassen.

Dabei steht sein eigener Enkel Marvin Grahneis auch schon in den Startlöchern, um in die Geschäftsführung einzusteigen. „Ein Nachwuchsproblem, wie manch andere Familienbetriebe haben wir zum Glück nicht“, ist Britta Grahneis beruhigt. Doch wissen Großvater, Mutter und Enkel, dass der Weg zum 90-jährigen Jubiläum eine besondere Herausforderung wird. Inwieweit die Digitalisierung zur Umstrukturierung des Unternehmens führen könnte, ist derzeit noch ungewiss.

Die Handwerkstradition der Tischlerei Körting hat sich in der Stadt herumgesprochen

Die Tischlerei lebt auch viel von alter Handwerkstradition. Wer alte Möbel auf Vordermann bringen lassen oder alte Türen und Fenster restaurieren lassen möchte, der nimmt in der Doppelstadt und der näheren Umgebung meist die Dienste der Tischlerei Körting in Anspruch. Die Stadtverwaltung hat vor einigen Jahren einen Teil der historischen Holzfenster im Dessauer Rathaus durch die Tischlerei erneuern lassen. Die Törtener Kirchgemeinde beauftragte eine neue Kapellentür.

Im Kornhaus wurde die Eingangstür zum oberen Saal nach historischem Vorbild von der Tischlerei aus der Polysiusstraße nachgebaut. Auch viele Privateigentümer der Region, die alte Holztreppen, Türen oder Fenster in ihrem Wohnbestand haben, wenden sich an Körting. Zudem sind unzählige Wohnungen der großen hiesigen städtischen Wohnungsunternehmen mit modernen Fenstern und Türen durch die Tischlerei ausgestattet worden.

Zu Spitzenzeiten hatte die Tischlerei 28 Beschäftigte

Fenster, Türen, Restaurierungsarbeiten sichern derzeit zwölf Mitarbeitern den Arbeitsplatz. Zu Spitzenzeiten hatte die Tischlerei 28 Beschäftigte. Das war in den ersten Nachwendejahren, als das Geschäft richtig boomte und der Sanierungsbedarf extrem hoch war. Jetzt sind sie froh darüber, sich auf einem stabilen Niveau eingependelt zu haben. Viel und erfolgreich wurden in der Vergangenheit, vor allem auch Tischlerinnen ausgebildet.

Derzeit gibt es einen Lehrling im zweiten Lehrjahr. Für das aktuelle Lehrjahr wurde kein passender Bewerber gefunden. Oft gehörten die Absolventen zu den Besten im Land. Doch statt für den Knochenjob Fenster- und Türeneinbau wurde sich zum Beispiel für ein Studium oder für den Bühnen- und Kulissenbau am Theater entschieden.

Mit ihrem Dutzend wollen Großvater, Mutter und Enkel so lange wie möglich traditionell arbeiten. „Es hat für mich keinen Reiz, eine Maschine zu programmieren, die dann Tischlerarbeiten ausführt“, sieht Marvin Grahneis, der 25-jährige Junior Digitalisierung auch kritisch. (mz)