„Blumen Schuppan“ in Bitterfeld Ziel steht fest - Warum Erika Schuppan mit 81 Jahren noch immer nicht ans Aufhören denkt

Bitterfeld/MZ - Wer den Hof betritt, kommt in eine Idylle. Voller Pflanzen und Gehölze, Blumenkübel und Töpfe, kreativer Gestecke, unzähliger Kräuter und exotischer Genüsse. Auch die „Himmelsstürmer“ gehören dazu - Tomatenpflanzen, die bis zu vier Meter hoch werden können. Über zwei Meter messen sie hier und hängen voller fleischiger Früchte.
Der Laden selbst besticht ebenfalls nicht nur durch Grün und Bunt: Um das gesamte Dach rankt sich ein wahres Blütenmeer von Geranien. „Bayern-Kante“ nennt Erika Schuppan diese rote Pracht, die jedes Jahr neu gepflanzt wird und natürlich regelmäßig bewässert werden muss. Mit einem System Marke Eigenbau. „Im Dezember werden sie leider immer abgeschnitten, damit Platz ist für die Weihnachtsdeko“, sagt die Frau.
Sie ist die Chefin des Ganzen und hat seit fast fünf Jahrzehnten hier in der Brehnaer Straße von Bitterfeld die Geschicke in der Hand. Und trotz ihres stolzen Alters von 81 Jahren denkt sie noch immer nicht ans Aufhören.
1973 hat sich Erika Schuppan mit ihrem Mann selbstständig gemacht - die 50 will sie noch schaffen
Obwohl: denken manchmal schon. „Es ist ja auch viel, viel Arbeit, die mir hier entgegenguckt“, sagt sie. „Aber es macht mir immer noch genauso viel Spaß. Es ist einfach mein Leben.“ Deshalb hat sie sich auf jeden Fall noch zwei Jahre vorgenommen. Damit sie ihre 50-jährige Geschäftstätigkeit richtig feiern kann: Am 1. Juni 1973 hat sie sich als Händlerin von Obst und Gemüse sowie Baumschulwaren gemeinsam mit ihrem Mann Günter hier selbstständig gemacht und damit das Geschäft ihrer Eltern weitergeführt. Denn das besteht schon seit über 90 Jahren.

Gegründet haben es Arthur und Friedel Berger 1929 - auch in der Brehnaer Straße, schräg gegenüber vom heutigen Objekt. Der Umzug erfolgte 1950. „Schon mit 14 bin ich mit auf den Markt gefahren und habe Obst und Gemüse verkauft“, erzählt sie. Hier geboren und aufgewachsen und schließlich die Erfüllung gefunden - beruflich wie privat: Das wusste sie damals natürlich noch nicht. Was aber früh für sie klar war: ebenfalls in diese Branche einzusteigen wie auch ihre jüngere Schwester. Mit der Lehre in Gartenbau und Floristik in der Bitterfelder Stadtgärtnerei und der anschließenden Praxis in der Friedhofsgärtnerei hat sie sich das nötige Rüstzeug zugelegt - um schließlich in das elterliche Geschäft zurückzukehren, in das dann auch ihr Mann einstieg.
Mit ihm hat sie dann später „Blumen-Schuppan“ ins Leben gerufen und zu einem Namen gemacht. „Wir fuhren auf Märkte, haben unser Sortiment erweitert, es kamen Pflanzen, Gehölze und Blumen hinzu“, sagt sie. Tochter Jana absolvierte ebenfalls eine Lehre in dem Metier und war mit im Geschäft tätig. Dann kam die Wende und mit ihr ein Abstecher zur Kreuzung „Kreuzeck“ ein paar Hundert Meter weiter, wo sie das dortige Gartencenter mit aufgebaut haben. Doch Mitte der 1990er Jahre zog es sie zurück in das heutige Domizil.
Der Blumenladen wurde gebaut, das Angebot erneut erweitert. „Wir haben Lehrlinge ausgebildet und hatten mehrere Angestellte.“ Der Tod ihres Mannes vor sechs Jahren war ein herber Einschnitt für die Frau. „Dieses Jahr wären wir 59 Jahre verheiratet gewesen“, sagt sie. „Und wir waren Tag und Nacht zusammen, dafür müssten wir eigentlich einen Orden kriegen.“ Ihr treuer Kater heißt nun auch Günter ...
Erika Schuppan sieht sich als Optimistin - und setzt auf das Kraut der Unsterblichkeit
Aufgesteckt hat sie dennoch nicht. Bis vor Corona hatte sie noch eine Angestellte, jetzt schafft sie fast alles allein. Täglich hat sie geöffnet, auch am Wochenende. Außer Dienstagvormittag, da lenkt sie ihren Kleinbus gen Leipzig zum Abkauf. Begleitet wird sie dabei von einem Bekannten, der sie auch bei der Pflege der „Bayern-Kante“ unterstützt. Und jeden Abend ist um die zwei Stunden Gießen angesagt ...

Wie ist das alles zu schaffen? „Das weiß ich manchmal auch nicht“, sagt Erika Schuppan. „Aber ich bin Optimist, mein Glas ist immer halb voll, nicht halb leer.“ Freude hat sie an der Familie mit den Enkeln und Urenkeln. Über ihrem Bett hängt ein Schild mit der Aufschrift „Ich will!“ Das ist ihr Lebens-Motto. Und in der gemütlichen Sitzecke im Hof, wo sie Abendbrot isst und „runter kommt“, rankt eine überdimensionale Pflanze aus dem Topf: das Kraut der Unsterblichkeit. „Mit der werde ich 100 Jahre alt.“