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Versorgung und Beratung Wie sich die Arbeit der Apotheker in Bitterfeld-Wolfen durch Corona verändert hat

Versorgung und Beratung stehen auch in Corona-Zeiten an erster Stelle. Doch ständig neue Regeln und viele Fragen fordern das Personal jetzt um einiges mehr.

Aktualisiert: 25.4.2021, 10:35
Auch Björn Arbter, Inhaber der  Robert-Koch-Apotheke in Wolfen, kann einiges über die  Schwierigkeiten seit Corona-Beginn berichten.
Auch Björn Arbter, Inhaber der Robert-Koch-Apotheke in Wolfen, kann einiges über die Schwierigkeiten seit Corona-Beginn berichten. Fotos: André Kehrer

Bitterfeld-Wolfen - Ein Rezept einlösen, Kopfschmerztabletten kaufen, nach einer Salbe fragen, sich nach einem gut funktionierenden Fieberthermometer erkundigen - all das gehört zum Alltag in einer Apotheke. 577 gibt es davon in Sachsen-Anhalt, wie die Apothekerkammer des Landes informiert. Und auch während Corona sei deren Hauptaufgabe die Versorgung und Beratung der Patienten - doch die Pandemie fordert das Personal um vieles mehr.

Sabine Oppermann kann das nur bestätigen. Sie ist Pharmazeutisch-technische Assistentin in der Bitterfelder Flora-Apotheke. „Tante-Emma-Apotheke“ nennt sie ihren Arbeitsplatz liebevoll. Eine fürs Kiez gewissermaßen - rund um die Dessauer Straße. Seit der Schließung der Apotheke im Real auch für die Anhaltsiedlung.

„Es gibt viele Fragen, die Ängste sind größer geworden.“

Natürlich würden gerade mit den Stammpatienten immer gern ein paar Worte mehr gewechselt als über Rezepte und Krankheiten. „Doch jetzt ist der Redebedarf enorm höher“, sagt Oppermann. „Es gibt viele Fragen, die Ängste sind größer geworden.“ Da gehe es um die richtige Maske und um Impfstoffe, um Infektionsgefahren und Abstandsregeln. „Und oft auch um die so geschrumpften sozialen Kontakte, diesen psychologischen Aspekt dürfen wir nicht unterschätzen.“

Hinzu kämen Engpässe bei Medikamenten. Einige seien nicht lieferbar, da müsse nach anderen Möglichkeiten gesucht werden. Rücksprache mit Hausärzten, mit Lieferfirmen, Vergleichen der Inhaltsstoffe. „Wir müssen sehr flexibel denken.“ Und viel Zeit an Telefon und Computer verbringen. Auch um dem Informationsbedarf der Ärzte und Schwestern der Hausarztpraxen, die von der Apotheke mit Corona-Impfstoffen beliefert werden, gerecht zu werden. „Ab nächste Woche versorgen wir auch Facharztpraxen.“

Die Regeln ändern sich wöchentlich

In der Robert-Koch-Apotheke in Wolfen hat die Belieferung der Hausärzte ebenfalls begonnen. „Das funktioniert soweit gut“, sagt Inhaber Björn Arbter, sei aber mit viel zu viel Bürokratie verbunden. „Die Regeln ändern sich wöchentlich, weshalb wir viel mit den Arztpraxen kommunizieren müssen. Es ist alles sehr kompliziert.“ Prozesse zum Qualitätsmanagement müssten erstellt, viel Arbeit und Mühe investiert werden - und dann komme nur wenig Impfstoff pro Praxis.

Unsicherheiten, sich ständig ändernde Situationen und zum Teil „bürokratischer Wahnsinn“, wie Arbter es ausdrückt, seien Begleiter seit Beginn der Pandemie. Der Apotheker erinnert sich noch sehr genau an den März vorigen Jahres.

Die zu dieser Zeit anhaltende Maskenknappheit verbindet Björn Arbter mit einer Art Goldgräberstimmung bei Unternehmen

„Als es ernst wurde“, sagt er, „begannen Hamsterkäufe nicht nur im Supermarkt, sondern auch bei uns. Der Preis für Artikel wie Desinfektionsmittel, OP-Masken und Einmalhandschuhe spielte damals keine Rolle, sie wurden uns förmlich aus den Händen gerissen, bis nichts mehr zu bekommen war.“ Weil Paracetamol als fiebersenkendes Mittel sehr beliebt sei, habe man es bald kontingentieren müssen.

Die zu dieser Zeit anhaltende Maskenknappheit verbindet Arbter mit einer Art Goldgräberstimmung bei Unternehmen, die Masken aus China beschaffen konnten. „Daraus resultierten für uns hohe Einkaufspreise, die Masken wurden sehr teuer, die Liefersituation war dennoch unsicher.“ Und weil Pandemieware bei Großhändlern von der Rücknahme ausgeschlossen seien, wisse man bis heute nie, wie viel am besten bestellt wird, weil man im Zweifelsfall darauf sitzen bleibe. Bei den mittlerweile enorm gestiegenen Preisen bei all diesen Produkten nicht unerheblich.

Viele Patienten kommen noch immer ohne Maske

Der von den Krankenkassen geförderte Botendienst, mit dem man Arzneimittel aus der Ferne bestellen und liefern lassen kann, werde noch nicht angenommen wie vermutet, sagt Arbter. „Die Leute kommen immer noch gern selbst.“ Das ist laut Sabine Oppermann in Bitterfeld ähnlich.

Was aber bei beiden noch häufig vorkomme: Patienten kommen ohne Maske. „Auch da ist noch viel Aufklärung nötig“, so Oppermann. „Schließlich gefährden sie ja nicht nur sich, sondern auch uns.“ (mz/Silke Ungefroren)