Werkstätten bieten Chancen für behinderte Menschen
WOLFEN/MZ. - Bernd Rothe, pädagogischer Vorstand des Diakonievereins Bitterfeld-Wolfen-Gräfenhainichen, hat dabei zwei grundlegende Ausrichtungen im Blick. In erster Linie gehe es in der anerkannten Werkstatt
für behinderte Menschen darum, den Personen eine ihren Möglichkeiten entsprechende Tätigkeit zu geben, sie zu betreuen und zu qualifizieren. Von sozialer und pädagogischer Verantwortung spricht Rothe und davon, dass Menschen mit Handicap die Chance auf Selbstverwirklichung bekommen sollten.
Auch wenn unter Trägerschaft des Diakonievereins in Wolfen und Gräfenhainichen zusammen gut 400 Behinderte beschäftigt sind: "Es gibt noch immer viele andere Betroffene, die zu Hause sitzen." Es sei mitunter auch die fehlende Information über die Möglichkeit der Arbeit in den Werkstätten. "Deshalb haben wir Vertreter von Verwaltungen, Vereinen und Kirchengemeinden eingeladen. Sie sollen sehen, was möglich ist, davon erzählen und auch Kontakte knüpfen", betont Rothe, der der Eingliederung der Behinderten eine große Bedeutung beimisst.
Dass die Arbeit der Werkstätten auch wirtschaftliches Gewicht hat, verleugnet er nicht. Das sei die zweite Seite der Medaille. "Wir sind in den letzten Jahren anerkannte Partner für zahlreiche Unternehmen geworden", so Rothe. Doch spüre zunehmend auch die Werkstatt, dass das Leben am Markt in Zeiten der wirtschaftlichen Krise nicht einfacher werde. So sei jetzt manche Zusammenarbeit auf Eis gelegt, erzählt Rothe und sieht den Tag der offenen Tür deshalb auch als Werbung für die Kraft, die in den Werkstätten steckt. In Wolfen sind deren Mitarbeiter in einer Metall- und einer Holzwerkstatt beschäftigt, sie reparieren Fahrräder, montieren, verpacken, drucken, sind mit Grünanlagenpflege betraut oder arbeiten in Druckerei und Wäscherei.
Im Nähbereich fühlen sich Andrea Schütze und Mandy Neubert wohl und heimisch. Beide sind hier seit Jahren beschäftigt und derzeit damit betraut, Schlafbrillen, Filtersäcke für die Industrie und Markisen für Kinderwagen zu nähen. "Viel zu tun", erzählen sie. "Aber es macht doch Spaß." Nicht viel anderes berichtet Jürgen Gehricke, der gerade dabei ist, Verpackungsmaterial für ein im Chemiepark ansässiges Unternehmen zuzuschneiden. "Die brauchen das", ist er überzeugt.
Den behinderten Mitarbeitern der Wolfener Werkstätten stehen gut 30 Frauen und Männer zur Seite, die neben einer handwerklichen Ausbildung auch über eine sonderpädagogische Zusatzqualifikation verfügen. Sie betreuen die Menschen mit Handicap bei der Arbeit, die Sozialarbeiterinnen des begleitenden Dienstes organisieren Aktionen, die die Arbeit begleiten. Groß geschrieben wird hier neben kulturellen Veranstaltungen auch der Sport. "Im Fußball geht es immer richtig zur Sache. Da fahren wir auch zu Turnieren", erzählt Bernd Rothe. Kommentar S. 10