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An der Papierfabrik im Solar Valley Warum das geplante Kraftwerk bei Anwohnern in Thalheim und Sandersdorf neue Ängste weckt

Die Progroup-Spitze stellt in Thalheim und Sandersdorf Ausbaupläne vor. Es geht um Reststoffe, Lkw, Abgase und Filter. Bürger monieren anhaltenden Gestank.

Von Frank Czerwonn 09.10.2021, 09:00
Die Papierfarbrik bekommt ein eigenes Kraftwerk. Die Bürger haben Sorge, dass dieses die kritisierte Geruchsbelastung noch verstärken könnte.
Die Papierfarbrik bekommt ein eigenes Kraftwerk. Die Bürger haben Sorge, dass dieses die kritisierte Geruchsbelastung noch verstärken könnte. Foto: André Kehrer

Thalheim/MZ - Die Firma Progroup sucht die Bürgernähe. Am selben Tag, an dem sie die Pläne für die Errichtung eines Kraftwerks neben ihrer Papierfabrik in Sandersdorf bekannt gab, stellte die Firmenspitze um Vize-Vorstandsvorsitzenden Maximilian Heindl und Werksleiter Peter Resvanis das Projekt Bürgern vor Ort vor. Während dies im Standrat von Sandersdorf-Brehna nur nichtöffentlich geschah, besuchten in Thalheim Mittwochabend zahlreiche Bürger die öffentliche Präsentation im Ortschaftsrat.

Anwohner fragen nach Filtern und welche Stoffe genau verbrannt werden sollen

Das führte zu einer leidenschaftlichen Diskussion, bei der die großen Befürchtungen der Thalheimer deutlich wurden. Denn die leiden trotz aller Abhilfemaßnahmen seitens Progroup weiterhin unter massiven Geruchsbelästigungen durch die Papierfabrik. Nun haben sie - wie mehrere Redner betonten - die Sorge, dass durch das Kraftwerk, das sogenannte Ersatzbrennstoffe verwertet, die Geruchsbelastung noch steigt. Und so fragten Vertreterinnen der Bürgerinitiative, welche Firmen hier ihren Restmüll abladen, welche Filter verwendet werden und welche Stoffe genau in welcher Konzentration aus der Esse des künftigen Kraftwerks rauskommen „und sich in Thalheim ablagern“.

Maximilian Heindl erklärte, dass gar kein Restmüll verbrannt wird. „Es handelt sich ausschließlich um behandelte Stoffe aus Aufbereitungsanlagen, die sich nicht mehr recyceln lassen.“ Etwa die Hälfte davon falle in der hiesigen Papierfabrik an, darunter nicht mehr recycelbare Papierbestandteile. Die andere Hälfte komme beispielsweise aus dem Werk in Burg und von anderen regionalen Firmen. Im Kraftwerk werde die neueste SCR-Technologie und eine Wirbelschichtanlage verwendet. Dadurch werden die Stoffe bis zur vollständigen Verbrennung in der Schwebe gehalten. Auch beim Abladen des Materials aus den Lkw würden durch Unterdruckbunker alle Gerüche eingesogen.

Lkw-Verkehr soll durch das neue Kraftwerk nicht zunehmen

Die Listen mit den Stoffen samt Werten, die die 54 Meter hohe Esse verlassen werden, könne die Bürgerinitiative jeder Zeit einsehen. Auch der Lkw-Verkehr würde durch das Kraftwerk nicht zunehmen. „Das hält sich mit den Fahrten, die bislang anfallen, um die bei uns anfallenden Ersatzbrennstoffe abzutransportieren, die Waage.“ Heindl erklärte, dass es in Eisenhüttenstadt, wo ein solches Kraftwerk bereits arbeite, keine einzige Geruchsbeschwerde gebe. Ein Bürger kündigte an, das vor Ort selber erfragen zu wollen. Standortleiter Resvanis bot an, die Fahrt gemeinsam zu machen.

Doch trotz aller Erklärungen zur Umweltfreundlichkeit des geplanten Kraftwerks bewegte die Bürger vor allem das Geruchsproblem. „Sie sollten erst mal das bestehende Problem angehen, bevor sie den nächsten Schritt mit dem Kraftwerk gehen und vielleicht ein weiteres Problem schaffen“, meinte Anke Leonhard von der BI. „Da wird mir Angst und Bange.“ Auch Ortsbürgermeister Uwe Bruchmüller (CDU) verwies auf den Gestank. „Die letzten sieben Tage war es ganz schlimm.“

Windrichtung und Wetterlage beeinflussen die Geruchssituation entscheidend

Das Windrichtung und Wetterlage die Geruchssituation stark beeinflussen, darin waren sich alle einig. Doch die eigentliche Ursache, wo angesetzt werden muss, ist die Produktion in der Papierfabrik. Deshalb bat Resvanis die Bürger, Geruchsvorfälle mit Zeit und Straße zu melden, um das mit dem Produktionsablauf abchecken zu können. Zudem unternehme man aktuell und noch mal im März 2022 zwei Umbauschritte, um die relative Luftfeuchtigkeit im Produktionsprozess zu senken. „Davon versprechen wir uns deutliche Auswirkungen auf den Geruch.“

Heindl gab zudem eine klare Antwort auf Fragen zur weiteren Expansion am Standort: „Wir planen danach keine Erweiterung des Kraftwerks oder der Papierproduktion.“ Außerdem kündigte er eine Bürgerversammlung für Anfang November und einen Tag der offenen Tür im Frühjahr an.