Umzug mit zwei tränenden Augen Umzug mit zwei tränenden Augen: Bayer-Chef Christian Schleicher verlässt Bitterfeld

Greppin - Ein lachendes und ein weinendes Auge zum Abschied? Dr. Christian Schleicher, zehn Jahre der Chef von Bayer Bitterfeld, schüttelt den Kopf. „Im Moment habe ich zwei tränende Augen“, sagt er. „Ich weiß aber auch, dass ich in zwei Monaten glücklich sein werde in Rio.“
Die brasilianische Metropole wird seine neue Heimat. Im Oktober übernimmt er die Leitung des Standorts Belford Roxo. Brasilien übrigens ist der größte Markt von Bayer in Lateinamerika. Schleicher wechselt so von der Pharma- zur Pflanzenschutzsparte im Konzern.
Dr. Christian Schleicher hat Schritt nach Ostdeutschland nie bereut
„Das reizt mich enorm“, sagt er, „ich mag Änderung, Neues lernen. Und dann an diesem wichtigen Standort.“ Und außerdem liebe er Brasilien und ganz besonders Rio, „die Stadt, die mich fasziniert.“ Denn in diesem lateinamerikanischen Land hat er, der vor 51 Jahren in Argentinien geboren wurde, bereits gearbeitet - vor Bitterfeld. „Aber nie in Rio.“
Den Schritt nach Deutschland, nach Ostdeutschland gar, hat er nie bereut, sagt er. Nicht nur, weil Bitterfeld einer der größten und strategisch wichtigsten Standorte des Konzerns ist. Nicht nur, weil er hier sehr erfolgreich war und ein super Team um sich hatte. Und nicht nur, weil es jetzt nach großen Investitionen auch los geht, neben Aspirin das wichtigsten verschreibungspflichtige Produkt von Bayer, Xarelto, herzustellen.
Schleicher trinkt seinen Kaffee und lächelt und sagt: „Für mich und meine Frau war das ein ganz wichtiger Schritt, es waren sehr intensive Jahre. Mitteldeutschland ist eine sehr schöne Region. Und ich fühle mich als Teil dieser Region und das bleibt für immer. Wir sind hier heimisch geworden, haben Freunde. Für unsere Kinder ist das die erste Heimat. Und sie wollen beide hier bleiben.“
Bitterfelder Region ist für Dr. Schleicher ein Erfolgsmodell
Wie oft ist er nach der Arbeit in sein Kanu gestiegen und die Mulde entlang gepaddelt. Nach Jeßnitz, Dessau und sonst wohin. Durch faszinierende Landschaften. „Es ist unglaublich schön.“ Aber was wusste er schon damals, als er seinen Vertrag für Bitterfeld unterschrieb? „Ich war nie hier“, gibt er zu.
Und der Aufschrei vieler Bekannter und Verwandter sei groß gewesen. „Was ich sah, war eine Überraschung. Ich hab alle angerufen: Das muss sich hier geändert haben. Und alle gaben zu, dass sie noch nie in Bitterfeld waren.“ Die Region ist für ihn ein Erfolgsmodell - für das, was man machen kann mit einer Industrie und Landschaft, die geschunden und verseucht waren. „Heute stehen hier die modernsten Werke, die es gibt. Das Klärwerk ist einzigartig in Europa. Und es ist eine neue Landschaft entstanden.“ Freilich gibt es nach wie vor zu tun, sagt er. Er wünscht sich, dass Bitterfeld als Beispiel für andere Regionen der Welt dienen möge.
Das Kajak ist verstaut, es wird demnächst auf dem Ozean schwimmen. Nicht nur das kommt mit. Auch viele Erinnerungen und das, „was ich hier alles gelernt habe“ - in technischen Dingen, im Umgang mit den Leuten. Mit denen im Werk, in Verbänden, in der Politik, in den anderen Unternehmen rundum.
Am Standort geht es weiter mit Frank Wilgmann
„Das war die erste Position, in der ich so viel Kontakt mit der Außenwelt hatte.“ Am Standort geht es weiter mit Frank Wilgmann. Da freue er sich richtig, sagt Schleicher. „Ich hab hier so viel Herzblut reingesteckt.“ Und er hat so viel Erfolg gehabt, wenn er zurückblickt, und Glück mit seinen Leuten. Die 120milliardste Tablette rollte vom Band, die Produktion eines neuen Medikaments läuft an. In den kommenden Jahren stehen Investitionen von rund 100 Millionen Euro an. „Das zeigt, wie wichtig Bitterfeld für Bayer ist. Ich bin sehr stolz darauf, dass sich das Unternehmen während meiner Zeit so entwickelt hat“, sagt er.
Für seine Frau ist der Umzug ein kompletter Neuanfang. Während er im Konzern bleibt, muss sie ihre Physiotherapiepraxis neu aufbauen. „Sie hat da, glaub ich, den schwierigsten Job.“ (mz)