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Tierwelt in Friedersdorf Tierwelt in Friedersdorf: Storchennachwuchs verlässt Gärtnerei Tschitschmann

Von Christiane Rasch 08.07.2015, 18:50
Noch thronen die Störche auf dem Schornstein der Gärtnerei Tschitschmann. Im August bricht der Nachwuchs aber in Richtung Afrika auf.
Noch thronen die Störche auf dem Schornstein der Gärtnerei Tschitschmann. Im August bricht der Nachwuchs aber in Richtung Afrika auf. André kehrer Lizenz

Friedersdorf - Vom kleinen Verkaufsraum der Tschitschmanns in Friedersdorf aus führt ein schmaler Weg zwischen den Gewächshäusern entlang. Von dort aus hat man gute Sicht auf den Schornstein, der sich auf dem Grundstück der Gärtnerei befindet. Dort haben sich Ende März zwei Weißstörche niedergelassen. Aus dem Storchenpaar ist schon nach kurzer Zeit ein Quartett geworden. Im Mai sind aus insgesamt fünf Eiern zwei Jungtiere geschlüpft. Die sind inzwischen ordentlich gewachsen und verlassen das elterliche Nest ab und an bereits für ein paar kleine Flugübungen. „Die weite Reise kündigt sich schon an. Bald sind die Jungtiere und die Eltern weg“, sagt Reinhard Tschitschmann.

Mäuse, Würmer und Insekten

Denn bereits im August werden die beiden jungen Vögel ihr Quartier in Friedersdorf verlassen und sich über Israel nach Afrika aufmachen. Anfang September folgen ihnen dann die erwachsenen Störche. Auf den ersten Blick lassen sich die Tiere kaum voneinander unterscheiden. „Die Jungtiere und einer der älteren Störche sind gerade gut zu sehen“, sagt Traudel Tschitschmann auf dem Weg zum Horst. Einige Schritte weiter, auf dem Hof der Gärtnerei und nah am Nistplatz zeigt sich aber, dass die jungen Störche noch einen dunkelgrauen Schnabel haben, während dieser bei dem älteren Storch bereits leuchtendrot gefärbt ist. „Einer der älteren Störche ist gerade auf Nahrungssuche“, erklärt Tschitschmann. In dieser Zeit sei der Nachwuchs aber nie allein im Nest, ergänzt Ehemann Reinhard. Denn die Eltern teilen sich die Nahrungssuche. „Wenn ein Storch mit Nachschub angeflogen kommt, klappern die Störche kurz mit ihren Schnäbeln und dann geht es für den Storch, der bei den Jungtieren gewartet hat, los.“ So sind die Eltern fast rund um die Uhr damit beschäftigt, den Nachwuchs mit Mäusen, Würmern und Insekten zu versorgen.

"Zum Glück war ihm nichts zugestoßen"

Familie Tschitschmann sind die vier Tiere inzwischen ans Herz gewachsen. Traudel Tschitschmann erzählt, dass sie zu Pfingsten, als auf der Halbinsel Pouch das Sputnik-Spring-Break-Festival stattfand, mit dem Auto an der B100 entlang fuhr. „Dort saß einer unserer Störche am Rand der Fahrbahn, um auf dem Feld Futter für die Jungtiere zu suchen.“ Als der Storch am Abend immer noch nicht ins Nest zurückgekehrt war, ist Tschitschmann mit dem Auto noch einmal die Strecke abgefahren, weil sie in Sorge war, dass ihm bei dem vielen Festival-Verkehr etwas passiert sein könnte. „Zum Glück war ihm nichts zugestoßen und am Ende saß er wieder auf dem Schornstein.“

Bereits im vergangenen Jahr brütete das Storchenpaar auf dem Schornstein der Tschitschmanns, nachdem es vom Gelände der Kita „Wiesenzwerge“ vertrieben werden musste, da sonst die Heizung der Einrichtung nicht hätte genutzt werden können. Bevor der erste der beiden Störche im März dieses Jahres in Friedersdorf ankam, wollte Reinhard Tschitschmann vorsorgen und baute extra einen Ersatzhorst. Dazu hat er ein an einem langen Mast befestigtes Wagenrad mit Ästen ausgestattet und in der Nähe des alten Nistplatzes aufgestellt. „Am Anfang saß das Männchen auch eine Zeit lang dort und hat einzelne Stöcke auf dem Rad abgelegt, aber irgendwann ist es dann doch auf den Schornstein ausgewichen. Es hat einfach seinen Willen durchgesetzt.“

Der beschlagnahmte Feststoffschornstein allerdings sei wichtig für das Beheizen der Gewächshäuser, so Tschitschmann. Hilfe kam aus der Nachbarschaft, denn auch da freue man sich, hin und wieder einen Blick auf die fliegenden Gäste werfen zu können. Die Firma Herker, die direkt neben der Gärtnerei ansässig ist, stellte Öl zum Heizen zur Verfügung. Damit konnte in den kälteren Monaten eine Ölheizung betrieben werden und die Störche ihren Platz behalten. Anfangs hatte Reinhard Tschitschmann Bedenken, dass der Rauch des Ölschornsteins die Tiere bei der Brut stören könnte. Aber das erwies sich als unbegründet. „Die Störche sind da unempfindlich“, so Tschitschmann.

"Offenbar bietet der Platz ideale Verhältnisse"

Generell scheinen die sich auf dem Gelände wohl zu fühlen. „Offenbar bietet der Platz ideale Verhältnisse. Auf dem Schornstein gibt es nach allen Seiten gute Sicht. Außerdem finden die älteren Störche auf den Muldeauen hinter dem Grundstück ausreichend Nahrung.“

Ob das Storchenpaar auch im nächsten Jahr zurückkehren wird, vermag Tschitschmann nicht zu sagen. Die Kundschaft der Gärtnerei dürfte eine Rückkehr aber in jedem Fall freuen. „Oft fragen Kunden, ob sie einmal auf das Grundstück dürfen, um die Störche anzuschauen“, erzählt Traudel Tschitschmann. Die kleine Sensation hat sich rumgesprochen in Friedersdorf. Und gehört vielleicht auch ab nächstem März wieder zum Ortsbild. (mz)