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Tag der Archive Tag der Archive: Griff ins Schatzkästlein

Von bärbel helbig 04.03.2012, 16:17

sandersdorf/MZ. - Muffige Keller, verstaubte Regale, kauzige Archivare - zu dieser Vorstellung passt Anja Aschenbach ganz und gar nicht. Die 25-Jährige ist begeistert von alten Akten, Urkunden, Karten und Bildern. Und das überträgt sich auch am Sonnabend im Nu auf die Besucher im Stadtarchiv von Sandersdorf-Brehna. Zum "Tag der Archive" sind in Vitrinen und auf Tischen Schätze ausgebreitet, die Geschichte und Schicksale aus der Region widerspiegeln. Der Bestuhlungsplan des Ramsiner Kinos aus dem Jahr 1940 gehört ebenso dazu wie der Entwurf der Kanalisation in Sandersdorf von 1926 / 27 oder der Bericht über die Beisetzung sowjetischer Soldaten auf dem Ehrenfriedhof in Zscherndorf.

"Wir sind das Gedächtnis der Gesellschaft", sagt Anja Aschenbach, die ihre Ausbildung zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste, Fachrichtung Archiv, in der Kreisverwaltung mit Auszeichnung abgeschlossen hat. Die 2010 ausgeschriebene Stelle im Sandersdorfer Stadtarchiv, das im Paul-Othma-Haus untergebracht ist, sei ein Glücksfall gewesen. Für sie ist es wie ein Griff ins Schatzkästlein, einen Brief von 1706 in der Hand zu halten oder einen Karton mit ungeordneten Papieren zu öffnen, in dem sich Akten von 1870 ebenso finden wie Rechnungen von 1980. Und über den neuen Kartenschrank kann sie sich freuen wie über ein Geburtstagsgeschenk.

Für Geschichte hat sich die Ramsinerin schon als Schülerin interessiert und in dem Fach nur Einsen nach Hause gebracht. Den haargenau dazu passenden Beruf hat ihr Vater gefunden, an dem sie die große Allgemeinbildung bewundert. Derzeit studiert Anja Aschenbach Informationswissenschaften an der Fachhochschule Potsdam, um Diplomarchivarin zu werden. Zum diesjährigen Archivtag-Thema "Feuer, Wasser, Krieg und andere Katastrophen" zeigt sie den Besuchern "Katastrophen im Archiv": Schimmel, Pilze, Säure- und Mäusefraß. Papier vergilbt, wird brüchig und zerfällt, weil das seit 150 Jahren maschinell hergestellte Papier wegen der Holzanteile und der Leimverbindungen Säuren enthält, die es von innen heraus zerstören. "Saures Papier hält in der Regel 50 bis 80 Jahre, bei schonendster Lagerung bis zu 200 Jahre", berichtet Anja Aschenbach. Dokumente, die nicht nur im Verwaltungs-, sondern im Endarchiv aufbewahrt werden müssen, werden deshalb digitalisiert. Ein schwieriger Fall für sie waren feucht gewordene Meldeunterlagen, die schon Schwarzschimmel angesetzt hatten. Die Karteikarten mussten zur Gammabestrahlung und Reinigung nach Leipzig gebracht werden.

Ob es in ihrer Wohnung auch viele Aktenordner gibt? Anja Aschenbach lacht: "Ich sammle nur Reiseführer." Die stehen in einem Regal - alphabetisch geordnet.