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Streit um Überführung am Bahnhof Jeßnitz Streit um Überführung am Bahnhof Jeßnitz: Wem gehört die marode Brücke?

Von lisa garn 31.03.2015, 07:05
Die Fußgängerbrücke am Bahnhof dient nicht nur als Zutritt zu den Gleisen, sondern auch als kürzeste Verbindung zwischen Jeßnitz und Wolfen-Nord.
Die Fußgängerbrücke am Bahnhof dient nicht nur als Zutritt zu den Gleisen, sondern auch als kürzeste Verbindung zwischen Jeßnitz und Wolfen-Nord. andré kehrer Lizenz

jessnitz/wolfen - Es ist fünf Minuten vor zwölf: Die Fußgängerbrücke am Bahnhof in Jeßnitz ist dringend sanierungsbedürftig - aber niemand fühlt sich zuständig. Dabei geht es inzwischen vor allem um die Frage, wie sicher die Überführung für Passanten überhaupt noch ist. Doch seit Jahren streiten Bahn, Bitterfeld-Wolfen und Raguhn-Jeßnitz um die Eigentumsfrage. Zwar stellte das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr im Jahr 2006 per Erlass fest, dass die Brücke auf der Gemarkung von Jeßnitz steht und damit die Stadt (heute Raguhn-Jeßnitz) in der Pflicht ist.

Doch bis heute existieren mehrere Sichtweisen. Den Schwarzen Peter schieben sich die Beteiligten gegenseitig zu. Momentan ist offensichtlich noch nicht einmal klar, wer im Schadensfall aufkommen müsste. Dabei wird die Überführung rege genutzt - Nicht nur, um zu den Bahnsteigen zu gelangen, sondern auch als kürzeste Verbindung zwischen Jeßnitz und Wolfen-Nord.

„Wir haben Angst, dass dort etwas passiert“, sagt Oberbürgermeisterin Petra Wust (parteilos). „Der Zustand hat sich drastisch verschlechtert und es muss dringendst reagiert werden, damit keine Menschen zu Schaden kommen oder der Schienenverkehr gefährdet wird.“ Wust mahnt die Nachbarkommune Raguhn-Jeßnitz nachdrücklich zur Sanierung. „Wir haben die Stadt in den vergangenen Jahren immer wieder angeschrieben - leider ohne Erfolg.“

Lange Vorgeschichte

Bis in die 1960er Jahre reicht die Streit-Geschichte zurück. Damals hatte die Bahn die Brücke im Auftrag vom Rat des Kreises Bitterfeld gebaut und an die Stadt Wolfen übergeben. Wolfen ließ die Überführung 1996 komplett neu bauen. Doch über die Frage der Zuständigkeit hatte sich offenbar nie jemand eingehend Gedanken gemacht. Als sich rund zehn Jahre später der Bauzustand verschlechterte - unter anderem sind der Belag und die Entwässerung marode -, begann der Streit.

125.000 Euro hätte eine Sanierung gekostet. Geld, das Wolfen nicht hatte und Partner suchte. Doch die Bahn und die Stadt Jeßnitz hoben die Hände. 2006 wollte Wolfen die Brücke sogar abreißen, doch das Ministerium machte klar: „Baulastträger ist die Stadt Jeßnitz (Anhalt) und nicht die Stadt Wolfen.“

Die Kommunen winken ab

In Raguhn-Jeßnitz sieht man dagegen die Bahn in der Pflicht, denn die Brücke diene vor allem Reisenden als Zugang zu den Gleisen. Seit Jahren ist ein Anwalt der Kommune mit dem Fall beschäftigt. „Wir verweisen in Schreiben an die Bahn regelmäßig auf den Zustand der Überführung“, erklärt Bürgermeister Eberhard Berger (CDU). „Uns gehört sie auf keinen Fall. Und wir werden nicht fremdes Eigentum sanieren.“

Die Bahn hingegen hat eine ganz andere Sicht. Nachdem sie jahrelang Raguhn-Jeßnitz in der Pflicht sah, schätzt sie nun ein: „Das Bauwerk gehört nach unserer Prüfung der Stadt Bitterfeld-Wolfen. Die Brücke wurde 1996 durch die Stadt Wolfen erneuert.“ Auf welcher Gemarkung sie steht, davon wisse man nichts. „Den Sachverhalt müssen die Kommunen untereinander klären.“

Ratlosigkeit über weiteren Weg

Doch eine Einigung liegt in weiter Ferne. „Wie nun weiter verfahren wird, kann ich als offensichtlich ,Außenstehender’ nicht sagen“, erklärt Bürgermeister Berger. Aus Bitterfeld-Wolfens Sicht ist die Zuständigkeit jedoch unmissverständlich. Seit dem Erlass des Ministeriums bemühe man sich mit der Bahn, „dass sich die Stadt Raguhn-Jeßnitz ihrer Verantwortung stellt. Wir haben dafür in den ersten Jahren eine größere finanzielle Unterstützung in Aussicht gestellt“, so Stadtsprecherin Katrin Kuhnt. Mit der derzeitigen Finanzlage jedoch sei dies nicht mehr ohne weiteres möglich. Regelmäßig habe man in Raguhn-Jeßnitz angemahnt, aktiv zu werden.

Die Stadt hat auch den Landkreis Anhalt-Bitterfeld über den desolaten Bauzustand informiert. Er drängt auf eine schnelle Klärung. Im Februar wandte er sich schriftlich an Bitterfeld-Wolfen und Raguhn-Jeßnitz. „Da sich alle drei über die Zuständigkeit streitenden Parteien zumindest über den desolaten Brückenzustand einig zu sein scheinen, wurde angeregt, alles dafür zu tun, dass niemand zu Schaden kommt.“ Die Kommunalaufsicht werde aber nichts unternehmen. Dafür gebe es keine Grundlage. (mz)

Das Bauwerk ist an vielen Stellen marode. Unter anderem der Belag und das Holz der Konstruktion müssen erneuert werden.
Das Bauwerk ist an vielen Stellen marode. Unter anderem der Belag und das Holz der Konstruktion müssen erneuert werden.
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