Sport für Blinde Sport für Blinde: Showdown-Platte in Bitterfeld

Bitterfeld/MZ - Die Platte erinnert an Tischtennis. Bälle und Schläger gehören ebenso dazu. Und doch gibt es bei diesem Spiel gravierende Unterschiede. Das hat auch einen Grund: Der Tischball wurde in erster Linie für Blinde und Sehbehinderte entwickelt. Allerdings: In Deutschland ist er mit insgesamt rund 50 Platten noch nicht weit verbreitet, in Sachsen-Anhalt gab es bisher nur eine in Quedlinburg.
Das hat sich geändert: Bald kann auch in der hiesigen Region „Showdown“ gespielt werden - so heißt der Sport international. Wenn alles gut geht, wollen die Aktiven Ende 2015 in den Punktspielbetrieb einsteigen. Großes Ziel ist die Deutsche Meisterschaft. Die Vorbereitungen sind in vollem Gange. Seinen Ursprung hat das Ganze bei der Sozial- und Behindertenservice GmbH (SOBS) Bitterfeld. Dort wurde das Projekt ins Leben gerufen. Dass es nun in die Vollen gehen kann, ist der Aktion Mensch zu verdanken: Der Antrag auf Förderung wurde mit einem Zuschuss von 43.539 Euro bewilligt. „Tischtennis gehört ja zum Breitensport und kann eigentlich von jedem gespielt werden“, erklärt Reinhard Menzel von der SOBS, der den Stein ins Rollen gebracht hat. „Doch für Blinde ist das kaum möglich, weil man den kleinen Ball in der Luft nicht hört“, weiß der Mann, der selbst betroffen ist. Als er durch Zufall vom Tischball erfuhr, hat er sich kundig gemacht - und schnell Gefallen daran gefunden. „Weil man das auch spielen kann, wenn man Rückenprobleme oder andere Krankheiten hat.“ Menzel selbst durfte es schon voriges Jahr in einem Schnupperkurs probieren.
In nordischen Ländern wie Finnland, Norwegen und Schweden ist es schon lange verbreitet. Die Platte ist durch eine Holzbande rundherum geschützt. Und statt des Netzes, über das beim Tischtennis gespielt werden muss, hängt in der Mitte ein Brett - zehn Zentimeter über der Platte. Der Ball, der darunter durch geschlagen wird, ist aus Hartplastik und mit Stahlkugeln gefüllt - damit er zu hören ist.
Für den Bau einer solchen Platte fand die SOBS in Bernd Haase von der S-H Holzbau GmbH in Bitterfeld schnell einen begeisterten Partner. „Wir haben uns die Unterlagen geben lassen und ein Video angeschaut“, sagt der Geschäftsführer im MZ-Gespräch. Dann konnte losgelegt werden - nach den vorgegebenen Maßen und Normen. Seit einigen Tagen ist der Spieltisch fertig und wurde als Übergangslösung in ein SOBS-Objekt nach Pouch gebracht. Auch Schläger sind schon da, die wurden bei einer Firma im Ruhrgebiet bestellt. Und die Spezial-Bälle kommen ausschließlich aus Finnland - über sechs Euro kostet nur einer davon.
Ab Januar soll Training beginnen
„Jetzt sind wir gerade in Verhandlungen, ein bleibendes Domizil zu finden, damit ab Januar das Training beginnen kann“, so Reinhard Menzel. „Doch bis dahin gibt es noch eine Menge Arbeit“, sagt seine Frau Martina Menzel, die ebenfalls bei der SOBS beschäftigt ist und das über zwei Jahre laufende Projekt leitet. „Jetzt müssen wir uns erst einmal richtig mit den Spielregeln vertraut machen und die Übungsleiter schulen“, erklärt die Projektchefin. Die sind Pflicht und müssen auch sehen können. Bereitwillige wurden schon gefunden. Sie erhalten im ersten Förderungsjahr eine kleine Entschädigung, arbeiten danach aber völlig ehrenamtlich. Mitspielen können Sehende übrigens auch - Voraussetzung für alle ist, eine abgedunkelte Brille oder Maske zu tragen.
Leute, die bei dem nicht alltäglichen Sport mitmachen wollen, können sich melden. Das Interesse dafür soll über den Blinden- und Sehbehindertenverband auch in anderen Regionen geweckt werden, um den geplanten Punktspielbetrieb zu erweitern.
Anmeldungen und weitere Informationen bei Martina Menzel unter Telefon 03494/7 20 99 94.
