Schlagabtausch um Marina Schlagabtausch um Marina in Bitterfeld: Gegenseitige Vorwürfe bestimmen die Debatte im Stadtrat

Bitterfeld - Eines muss man Werner Rauball zugestehen. Er hat erreicht, dass der Zustand der Marina im Bitterfelder Stadthafen überhaupt öffentlich debattiert wird.
Mit dem Antrag der Fraktion Kommunal.Sozial, die Steganlage abzureißen und so den Weg für den Bau einer echten Marina frei zu machen, hat der Fraktionschef nicht nur einen Stein ins Wasser, sondern einen ganzen Felsbrocken in die Goitzsche geworfen. Doch ist die Gefahr groß, dass dies am Ende ein Sturm im Wasserglas bleibt. Das zeigte die Debatte im Stadtrat.
Obwohl ein überfraktioneller Antrag aus Bitterfelds Ortschaftsrat die Abrissidee verworfen hatte und nun stattdessen Gespräche des Oberbürgermeisters mit dem Eigentümer gefordert werden, schlugen die Emotionen hoch. „Wir wollen sachliche Gespräche mit dem Ziel führen, die Marina aufzuwerten“, sagte Rauball zwar. Betonte aber: „Die jetzige Anlage kann nicht funktionieren.“
Seit Wochen hatte der Geschäftsführer der Goitzsche Tourismus Gesellschaft (GTG) geschwiegen
Als Ingo Jung (CDU) ans Mikro trat, erhofften sich viele endlich klärende Worte, warum die Marina aussieht, wie sie aussieht. Seit Wochen hatte der Geschäftsführer der Goitzsche Tourismus Gesellschaft (GTG) geschwiegen. Im Stadtrat durfte er jedoch nicht als GTG-Chef, sondern nur als Vize-Chef der Fraktion CDU-Grüne-IFW reden. Dies sei zu trennen, informierte ihn Ratsvorsitzende Dagmar Zoschke (Linke).
Statt zu erklären, ritt Jung erst mal eine Attacke gegen Rauball. Dieser liefere „wilde Begründungen“ für seine ursprüngliche Abrissforderung. „Das ist ziemlich frech und anmaßend gegenüber dem Investor. Das macht man nicht“, so Jung. Er gehe ja auch nicht zu Rauballs und sage: Die Farbe ihres Hauses gefällt mir nicht. Diesen Vergleich wies später Gudrun Rauball scharf zurück.
Ihr Haus sei Privatsache, der Zustand der Steganlage aber nicht. Jung wiederum sah keinen Imageschaden durch die Situation am Hafen. Imageschädigend sei vielmehr, dass Rauball öffentlich Vorwürfe erhebe, statt zu den Verantwortlichen zu gehen. Dabei hätte dieser schon vor Jahren als Bürgermeister an der Goitzsche die Weichen stellen können.
Für die Marina gebe es mehrere Anfragen für Motorboote: „Aber die sind ja nicht gewollt“
Auf inhaltliche Fragen wie das fehlende Hafenbüro, den versprochenen Wellenbrecher, warum der Weiterbau stockt oder dass die Steganlage keine Marina sei, ging Jung kaum ein. Vielleicht auch, weil er dazu als GTG-Chef hätte sprechen müssen, was er nicht durfte.
Immerhin räumte er ein: „Mir gefällt der Zustand selber nicht.“ Betonte aber: „Das, was da ist, funktioniert!“ Nur für Fahrgastschiffe sei es schwierig - auch wegen der Wassertiefe. Im Hafen liege der Wasserspiegel bei gut 1,20 Meter. Viel entscheidender ist, dass Jung im Gegensatz zu den meisten Ratskollegen gar keinen Handlungsbedarf sieht.
„Es ist kein Markt da, auch weil sich viele Seen um Leipzig für Segelboote entwickelt haben.“ Für die Goitzsche und die Marina gebe es mehrere Anfragen für Motorboote. „Aber die sind ja nicht gewollt.“ Nach baldigen Veränderungen am Stadthafen klang das nicht. Mit Blick auf den Antrag sagte Jung lapidar: „Gespräche kann man immer führen.“
„Wir müssen rauskriegen, wie das Ding endlich zu Ende geführt wird“
So mancher Stadtrat machte seiner Enttäuschung Luft. So schlug Pro-Wolfen-Chef André Krillwitz vor, wenn man mit der Entwicklung unzufrieden sei, solle man vielleicht eine Gestaltungssatzung erlassen. Was Rats-Chefin Zoschke zum anspielungsreichen Kommentar provozierte: „Ich bin froh, dass Sie nicht Denkmalschutzsatzung gesagt haben.“
Horst Tischer (SPD) forderte nach der Entschärfung des Antrags Gespräche. „Wir müssen rauskriegen, wie das Ding endlich zu Ende geführt wird. Das will die Bevölkerung - nicht unseren Streit.“ Für AfD-Fraktionschef Daniel Roi macht es jedoch keinen Sinn, Jung Fragen zu stellen, „Da ich nicht für voll nehmen kann, was er sagt.“ Er frage die Verwaltung, wie es weitergehe.
Bauchef Stefan Hermann betonte, an der vorhandenen Steganlage gebe es keine Beanstandung seitens der Genehmigungsbehörde. „Aber natürlich wäre eine Fertigstellung der Marina ein besserer Anblick.“ Nun gemeinsam nach Lösungen zu suchen, sei legitim. Doch laut Antrag sollen diese mit dem Grundstückseigentümer geführt werden - nicht mit Jung. Das dürften viele Räte als kleinen Sieg verbuchen. OB Armin Schenk (CDU) betonte, dass der Antrag mit seiner Stimme im Bauausschuss einstimmig bestätigt wurde. Das tat auch der Stadtrat - mit vier Enthaltungen. (mz)
Der Beschluss lautet: „Der OB wird beauftragt, Aktivitäten zu ergreifen, um in Gesprächen mit dem Grundstückseigentümer eine Weiterentwicklung der Marina im Stadthafen Bitterfeld zu erreichen.
Die Ergebnisse dieser Beratung sollen in der Oktobersitzung des Ortschaftsrates vorgestellt werden.“ Ziel sei, in sachlichen Gesprächen zu einer Aufwertung der Marina zu kommen