Schankwirtin aus Leidenschaft
SCHWEMSAL/MZ. - Zurzeit kommen nur noch wenige Besucher in den Gasthof. Grund seien die eisigen Temperaturen, die Wirtschaftskrise und die Bauarbeiten der Hauptstraße des kleinen Ortes, so die Wirtin. Dennoch sei das 30. Jubiläum ein Grund zur Freude. In den oft leeren Gasträumen bleibt Zeit nachzudenken, in Erinnerungen zu schwelgen und in die Zukunft zu blicken.
Sehr früh erkannte die gelernte Säuglings- und Kinderkrankenschwester, dass ihr Herz der Gastronomie gehört. Bei den Schwiegereltern, die eine Konsum-Gaststätte führten, half die vierfache Mutter regelmäßig aus und beschloss schließlich gemeinsam mit Ehemann Rolf Karaschinsky, ihren Traum vom eigenen Speiselokal zu verwirklichen.
In der damaligen Tageszeitung lasen beide dann von einem Gasthof mit Saal, der zum Verkauf steht. "Wir setzten uns sofort ins Auto und waren sehr gespannt", blickt die 68-Jährige zurück. Doch der erste Eindruck war ernüchternd. Das Gebäude war verwahrlost, die Holzfenster und Fensterläden waren alt und der Backstein verwaschen. Drinnen gab es dann schöne hohe Räume, eine riesige alte Treppe, Kellergewölbe, die der Bierlagerung dienten und ein großes Grundstück.
"Wir verliebten uns in das Haus und boten unseren Trabant, auf den wir seit zehn Jahren warteten, für das Vorkaufsrecht an." Für 35 500 Mark wechselte der Gasthof schließlich den Besitzer. In den folgenden Jahren wurden die Wasserleitungen und Abflüsse erneuert, Wände versetzt und die Fenster restauriert. Dazu kam die tägliche Bewirtung der Gäste.
Ausgezeichnet lief auch der Bierverkauf. Wöchentlich wurden nahezu 1 000 Liter Bier aus der Brauerei Krostitz geholt. 40 Pfennige kostete das Glas damals. Dazu gab es Hausgemachtes. "Besonders unser Schaschlik und die Currywurst waren beliebt", so die Gastwirtin.
Das hat sich bis heute nicht geändert. Ob Rindsroulade mit Rotkohl und Klößen, Eisbein, Knusperfisch oder Schnitzel - alle Gerichte werden von der Wirtin selbst zubereitet.
Große Feiern gibt es heute nicht mehr und der alte Saal bleibt leer. "Vielleicht trauen es mir die Leute nicht mehr zu, große Feste zu veranstalten", überlegt Karaschinsky. Sie selbst ist sich sicher, dass dies kein Problem sei und spricht von Geburtstagen, Hochzeiten, Schlachtfesten und LPG-Feiern, die früher bei ihr stattfanden. Bis zu dreihundert Gäste wurden be-wirtet. Akrobaten, Schlangenbeschwörer und Tiere sorgten für die Unterhaltung der Gäste.
In Erinnerung blieb auch die erste Silvesterfeier 1978. Trotz Stromausfall und Wintereinbruch wurde im Kerzenschein zünftig gefeiert. Gern würde die Wirtin an diese erfolgreichen Zeiten anschließen. Aufhören will sie nicht. Auch wenn der Gasthof nur durch die Rente der Eheleute am Leben gehalten werden kann. "Ich mache weiter bis es nicht mehr geht", ist sich die Rentnerin sicher. Einen Nachfolger für ihr Unternehmen gibt es nicht. Trotz der vier Kinder und sechs Enkelkinder wird kein Familienmitglied den Gasthof übernehmen. "Das lohnt sich nicht und davon leben kann man schon lange nicht mehr", gibt die Wirtin zu.