Ost-Oldtimer erobern Kino Ost-Oldtimer erobern Kino: Wolfener verleiht osteuropäische Autos an Filmproduktionen

Wolfen - Der Osten hat Konjunktur. Zumindest auf der Leinwand.
„Denn die Welle der DDR- und Wendefilme ebbt nicht ab“, sagt Matthias Dietz, der neben einem Autohandel auch einen Filmfahrzeugverleih in Wolfen betreibt und sich dabei vorrangig auf osteuropäische Marken spezialisiert hat.
Ost-Oldtimer sind im Filmgeschäft gefragt
Knapp 15 Fahrzeuge besitzt der gelernte Kfz-Mechaniker. Neben den Marken wie Moskwitsch, Lada, Dacia, Zastava oder Żuk stehen aber auch einige Mazdas und Citroëns, die in geringer Stückzahl in der Deutschen Demokratischen Republik zugelassen waren, in einer großen Garagenhalle und warten auf ihren nächsten Einsatz.
Ob nun der ZDF-Mehrteiler „Ku’damm“, die ARD-Serie „Weissensee“ oder der Kinofilm „In Zeiten des abnehmenden Lichtes“ - Matthias Dietzes Ost-Oldtimer sind gefragt. Dabei ist der 42-jährige Familienvater eher zufällig im Filmgeschäft gelandet. „Angefangen hat alles mit einem Lada, Baujahr 1977. Der Wagen war tipptopp, sollte aber verschrottet werden, da solche Autos ja kaum einer mehr wollte. Und so habe ich zugeschlagen.“
Fahrzeuge haben sich über die Jahre angesammelt
Über die Jahre sind dann immer mehr russische, rumänische, jugoslawische oder polnische Kraftfahrzeuge in den Besitz von Dietz gewechselt. 2013 erhielt er dann den Anruf eines Bekannten. „Er fragte, ob ich ein Auto eines bestimmten Baujahrs habe und für eine Filmproduktion zur Verfügung stellen kann. Ich sagte: ja. Das war der Anfang.“
Seither werden aber nicht nur seine Autos, sondern auch er selbst immer wieder angefragt. „Schließlich müssen die motorisierten Zeitzeugen durch die Filmszenen gefahren werden.
Dreh kann schon mal etwas dauern
Je nachdem, in welchem Jahrzehnt die Kino- oder Fernsehstreifen spielen, wird Dietz entsprechend eingekleidet. Im Anschluss muss er in die Maske. Dann heißt es auch schon: Klappe, die erste. Häufig aber auch, die zweite, dritte oder ... „Denn es gibt Sets, da sind 100 Statisten beteiligt. Alle müssen im richtigen Moment auch das machen, was das Drehbuch und der Regisseur vorgeben. Klappt das nicht, wird die Szene so oft wiederholt, bis sie im Kasten ist“, erzählt er und spricht davon, dass das manchmal viele Stunden dauern kann.
Oldtimer müssen gepflegt werden
Um zu garantieren, dass trotz dieser starken Beanspruchung die eigenen Autos auch im richtigen Moment anspringen, pflegt und hegt der Mann mit dem Benzin im Blut seine Schmuckstücke auf vier Rädern. „Denn es wird absolute Zuverlässigkeit erwartet. Um dem gerecht zu werden, bin ich oft in der Garage und halte die Fahrzeuge in Schuss.“ Und so kümmert sich Dietz auch regelmäßig um eine DDR-Staatskarosse, die er auch als Hochzeitslimousine vermietet. Der schwedische Volvo wurde 1977 gebaut und beförderte einst die Mitglieder des Ministerrats von Wandlitz zu ihren Büros oder in die Volkskammer.
Orginalteile im Internet erstanden
Damit die Herren es bequem hatten, wurde der Wagen um 90 Zentimeter verlängert. Er besaß damals schon elektrische Fensterheber, eine Klimaanlage oder ein Telefon. „Das ist alles noch originalgetreu.“ Um die historische Zeitreise noch authentischer zu machen, hat Dietz auch Nummernschilder, Verbandskästen, Parkuhren oder Eiskratzer aus DDR-Zeiten im Internet zusammengesucht und bestückt die Autos - je nachdem, worum es geht - mit den benötigten Devotionalien.
Einsatz bei Produktion von Michael „Bully“ Herbig
Vielleicht ein weiterer Grund, weshalb mittlerweile auch die ganz großen Produktionen auf ihn aufmerksam geworden sind. Und so kam der Volvo zusammen mit den Ost-Oldtimern bei den Dreharbeiten zu „Der Ballon“ zum Einsatz. Dabei handelt sich um einen Kinofilm vom Produzenten und Schauspieler Michael „Bully“ Herbig.
Spektakulärer Fluchtversuch aus der DDR
Basierend auf einer wahren Geschichte erzählt Bully vom wohl spektakulärsten Fluchtversuch aus der damaligen DDR in die Bundesrepublik Deutschland: Am 16. September 1979 gelang es zwei Familien mit einem selbstgebauten Heißluftballon die Grenze zu überwinden und in Bayern zu landen. Kinostart ist der 27. September 2018. Neben bekannten Schauspielern werden auch Matthias Dietz und seine Ost-Oldtimer - wenn auch nur als Statisten - auf der Leinwand zu sehen sein.
(mz)

