Orthopädie-Werkstatt Petters in Bitterfeld Orthopädie-Werkstatt Petters in Bitterfeld: Der Schuh und sein Macher

bitterfeld - Ein Blick auf die Stöckelschuhe und Alexander Menge ist alles klar: Die Füße werden sich rächen. Irgendwann. Das weiß der Orthopädie-Schuhmacher-Meister aus Erfahrung. Zu hohe Absätze, zu kleine Schuhe - das ist quasi der Tod des Fußes.
Seit über zehn Jahren ist er im Beruf, seit 2011 Meister. Da hat er erfahren, der Bedarf an Schuhen, die Defizite der Füße ausgleichen oder die wenigstens erträglich machen, der steigt. Wegen der Mode und weil auch die Häufigkeit so genannter Zivilisationskrankheiten wie Diabetes und Rheuma steigt, Unfälle zunehmen.
Menge, Meister bei der vor 25 Jahren in Gera gegründeten Firma Schuh-Petters, die seit Jahren in Bitterfeld eine Filiale betreibt, hat mit dem Problem täglich zu tun: Hammerzeh, Krallenzeh, Sichelfuß, Zehenamputation, kaputtes Sprunggelenk - für jedes Problem hat er eine Lösung. Bei leichteren Fällen tut es oft schon eine passgerechte Einlage, eine Ballenrolle, eine Schuherhöhung.
Treue Stammkunden
Die allermeisten Kunden, ein treuer Stamm aus großem Umkreis übrigens, die sich Schuhe quasi auf den Fuß schneidern lassen, kommen mit einem Rezept. So wie Elisabeth Klammt aus Sandersdorf. Seit 20 Jahren weiß sie sich in der Petters-Filiale, wohin Menge zweimal in der Woche aus der Werkstatt in Gera anreist, wo er Kunden berät und am Fuß Maß nimmt, in guten Händen. Sie schätzt den Service und die Beratung, sagt sie. „Und die Freundlichkeit.“ An der haben Simone Thieme und Iris Mühlhausen keinen kleinen Anteil. Die Fachverkäuferinnen, die sich übrigens eigens für diesen Fachbereich fortbildeten, wissen, worum es geht, was Kunden erwarten. Und der Fuß. Niemals, das steht felsenfest, würden sie selbst in anderen Schuhgeschäften, gar in Discountern, kaufen. „Wir gucken nicht woanders“, sagt Simone Thieme. Für sie ist die Auswahl hier groß genug. Denn ihr ist eins ganz wichtig: Bequem muss der Schuh sein, weich und dazu noch chic. „Wir sind ja viel auf den Füßen“, sagt sie. Und jahrelang den falschen Schuh getragen, wissen sie, kann letztlich gravierende Folgen haben - sogar Rücken- oder Kopfschmerzen. „Ist die Konstruktion vom Fundament her schief, ist das Dach zwangsläufig auch schief“, meint Meister Alexander Petters. „Ein guter Schuh passt und beeinflusst den Fuß so wenig wie möglich.“ Basta.
Orthopädische Schuhe, man sehe und staune, sind längst nicht mehr klobig und plump. Mit der Zeit gehen auch sie mit der Mode - ein bisschen wenigstens. Hier und da kann der Meister sogar Schuhe aus dem Katalog individuell umarbeiten. „Wenn die Leute was von orthopädischem Maßschuh hören, denken sie sofort an früher“, sagt er und lächelt. Denn wer, wenn nicht er, wüsste es besser. „Wir haben heute ganz andere Materialien - leichter, dünner, schöner und bessere technische Voraussetzungen.“
Praktikum bei Petters
Rund 1 000 individuelle Leisten aus Holz und Kunststoff, Basis für den Schuh, hängen gut sortiert im klimatisierten Keller des Geschäfts. Bis ein Schuh von Hand fertig ist, sind unglaublich viele Arbeiten zu erledigen. Und manchmal dauert es Jahre, bis alles absolut passt. Übrigens: Mit dem, was Menge kunstvoll kann und macht, kommt keine Maschine mit. „Das ist das Handwerk“, stellt er fest, „das geht nicht automatisch.“ Auch der Computer kann Menges Erfahrung und Gefühl nicht vollständig ersetzen. Bei seiner Berufswahl hatte er offensichtlich ein Händchen: Bei Lichte besehen, kommt der Urgroßmutter dieser Glücksfall zu. Da sie Kunde bei Petters war und der Junge ein solides Handwerk lernen sollte, entschied sich Menge damals für ein Praktikum bei Petters. „Das hat mir so gefallen, dass ich dabei geblieben bin“, sagt er. Und mit dieser Leidenschaft, die steckt ihm im Blut. Die Branche ist ein „umkämpftes Gebiet“, wie Menge feststellt. Eins, über das letztlich die Kunden entscheiden.
Der orthopädische Schuh hat bei Petters Vorfahrt. Dennoch werden auch Exemplare nach Maß und Wunsch angefertigt, so, wie ein Kunde sie sich vorstellt. So ein Wunderwerk ist für Menge das Nonplusultra, sagt er. „Mehr geht nicht.“ Das allerdings leisten sich hierzulande ausgesprochen wenige. Bei einem Preis von über 1 500 Euro kein großes Wunder.
Und auch das ist kein Wunder: Natürlich sind die Schuhe, die Menge selbst trägt, handmade. Und wüssten andere Männer, wie gut er es daheim hat, sie würden grün vor Neid. Niemals steht seine Frau vor einem einschlägigen Geschäft und jammert, nicht das neueste, schönste Schuhmodell zu haben. Menge lacht, er weiß es sehr wohl zu schätzen. Seine Frau trägt nämlich Schuhe, die sie sich selbst angefertigt hat. Auch sie ist Schuhmachermeisterin. (mz)

