Nach der Flut 2002 Nach der Flut 2002: Raguhn soll 710000 Euro zurückgeben
RAGUHN/MZ. - Unterdessen hat nach Aussagen des Bürgermeisters von Raguhn, Steffen Berkenbusch (SPD), die Kommune Anfang Mai wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug, Untreue zum Schaden der Stadt und versuchter Strafvereitelung Anzeige gegen Unbekannt gestellt.
Bei der Staatsanwaltschaft hat wegen der "Veruntreuung von Fördermitteln und Steuergeldern im Zusammenhang mit dem Hochwasser 2002" zudem der Altjeßnitzer Gemeinderat Dietmar Wagner (parteilos) vorgesprochen. Seine Anzeige richtet sich konkret gegen Jochen Dietsch, den Leiter der Verwaltungsgemeinschaft Raguhn. Die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau bestätigte Ermittlungen. Man habe Akten eingesehen und prüfe derzeit, ob Verdacht auf eine Straftat im Zusammenhang mit der Verwendung von Flutgeldern vorliege.
"Mit der Anzeige will der Stadtrat endlich Klarheit über die Verwendung und die Abrechnung der Hochwasser-Fördergelder bekommen", so Berkenbusch (SPD). Seit Anfang Juli 2008 ist er ehrenamtlicher Bürgermeister von Raguhn. "Da war die Frist für die Abgabe der Abrechnungsunterlagen für die Hochwassermaßnahmen bereits abgelaufen. Erst Ende November 2008 wurden diese dann von Dietsch in Halle abgegeben", berichtet der Raguhner Ortschef.
Schnell kamen danach Rückzahlungen an das Landesverwaltungsamtes auf Raguhn zu. "311 000 Euro waren übrig, nachdem gut gewirtschaftet wurde. 102 000 wurden bereits gezahlt, mehr als 208 000 Euro sind im Haushalt dieses Jahres bereits eingestellt", so der Bürgermeister. Allerdings stammen sie aus der Rücklage Raguhns. "Eigentlich müsste das Geld ja auf einem Verwahrkonto oder so liegen, weil es ja in den vorgesehenen Maßnahmen nicht ausgeben wurde. Aber offenbar wurde es an anderen Hochwasserbaustellen verbaut", vermutet er.
Beim Studium der Rechnungsprüfberichte im vergangenen Jahr seien ihm einige Unregelmäßigkeiten aufgefallen. "Ein Jahr lang bin ich bei Verwaltungsamt, Landrat und Landesverwaltungsamt Sturm gelaufen, um zu erfahren, was da los ist."
Auch Gespräche mit Innenminister Holger Hövelmann (SPD) habe es gegeben. Der habe dann offenbar Druck auf das Landesverwaltungsamt gemacht. Doch die Akteneinsicht sei ihm lange vom Leiter der Verwaltung in Raguhn erschwert worden.
Das will auch der Altjeßnitzer Gemeinderat Dietmar Wagner (parteilos) erlebt haben. "Seit 2007 habe ich als Gemeinderat versucht, an die Unterlagen heranzukommen. Das wurde mir verweigert", behauptet er. Erst im Oktober 2008 bekam der Altjeßnitzer dann die Prüfberichte des Landkreises über die vier Maßnahmen in seinem Ort. In der "Teichstraße" stieß er etwa auf den Eintrag des Rechnungsprüfers vom Landkreis Bitterfeld: "Beide Rechnungen wurden von keinem bezahlt, aber abgerechnet." Wagner hat sich ausgerechnet, dass der Gemeinde rund 30 000 Euro Schaden entstanden sein könnten.
Verwaltungschef Jochen Dietsch wollte die Vorwürfe Freitag nicht weiter kommentieren. "Alle Unterlagen liegen beim Landesverwaltungsamt. Ich gehe davon aus, dass das Amt schon reagieren wird, wenn eine strafrechtliche Relevanz vorliegen sollte", meinte er. Aus dem Landratsamt, das 2007 bereits in seinen Prüfberichten die Abrechnungen bemängelte, war Freitag keine Stellungnahme zu bekommen.
Die Fronten sind verhärtet: Seit Januar dieses Jahres, so Bürgermeister Berkenbusch, hätten weder Verwaltungschef Dietsch noch die Bauamtsleiterin eine Stadtratssitzung in Raguhn besucht. Im Gemeinschaftsausschuss, der die Bildung der Stadt Raguhn-Jeßnitz vorbereitet, will Berkenbusch am 24. Juni nun ein Disziplinarverfahren gegen Dietsch anstrengen, kündigte er an. Es wäre bereits der zweite Versuch.