Kleingartenanlagen Kleingartenanlagen: Verwaiste Gärten im Altkreis Bitterfeld

Bitterfeld/MZ - Etwa 4 000 Kleingärtner haben sich im Altkreis Bitterfeld ein Kleinod geschaffen. Ein Ort an dem sie im Grünen entspannen, Obst und Gemüse anbauen können. Die Zahl der Laubenpieper klingt im ersten Moment gut - doch immer mehr Gärten sind verwaist. In diesem Jahr steigt der Leerstand in den Kleingartenanlagen auf knapp 20 Prozent, bestätigt Axel Richter, Vorsitzender des Regionalverbandes der Gartenfreunde Bitterfeld-Wolfen und Umgebung. Dabei ist der Einschnitt in diesem Jahr besonders groß.
„Schuld daran ist das Hochwasser“, sagt Richter. Einige Vereinsmitglieder haben ihr Hab und Gut in der Flut 2013 verloren. „Manche wollen einfach nicht noch mal von vorn beginnen.“ Das betrifft vor allem die Anlagen „Kühler Grund“, „Am Krautwall“ und „Volkswohl“ in Bitterfeld sowie „Am Busch“ in Wolfen oder „Lauseborn“ in Jeßnitz.
Nachwuchs fehlt
Mit der Flut hat Jörn Schellenberg, Vorsitzender des Kleingartenvereins „Fortschritt“ in Roitzsch, keine Probleme gehabt. Dennoch gehört seine Anlage zu jenen, die die meisten freien Grundstücke hat. Grund für den Rückgang ist der gleiche wie oft andernorts auch: Viele Gärtner müssen einfach altersbedingt ihr jahrelanges Kleinod aufgeben. Derzeit sind gut ein Drittel der Laubenpieper im „Fortschritt“ im Rentenalter, weitere 26 Prozent sind zwischen 56 und 65 Jahren. Und Nachwuchs kommt nicht.
Das zeigt sich deutlich bei der Größe des L-förmigen Areals in Roitzsch: In mehreren Gängen reihen sich 400 Parzellen aneinander. 120 davon stehen leer. Gärten, die wenn sie nicht gepflegt werden, verwildern. Viele davon liegen zudem an der Außenseite, wo die Zuggleise der Bahnstrecke Bitterfeld-Halle vorbeiführen.
Es gibt insgesamt 67 Kleingartenanlagen in der Region. Genauere Informationen darüber, wo sich die Anlagen befinden und wie viele Gärten frei sind, gibt es auf der Internetseite des Regionalverbandes der Gartenfreunde Bitterfeld-Wolfen und Umgebung unter www.gartenkreisverband-bitterfeld.de.
Die Größe kann Fluch und Segen zugleich sein. Es gibt so viele Vereinsmitglieder, dass sich untereinander nicht alle kennen. „Man hat hier seine Ruhe“, sagt Schellenberg. Auf der anderen Seite ist es für ihn schwierig den Überblick zu behalten. „Wenn einer geht ohne sich abzumelden, merken wir das nicht gleich“, weiß er. Oftmals würden direkte Parzellennachbarn darauf hinweisen, dass ein Garten verwaise. Dann übernehmen die verbleibenden Mitglieder auch schon mal die Pflege für ein solches Grundstück, aber das ist nicht für alle 120 leeren Parzellen möglich. „Liegt ein Garten erst ein paar Jahre brach, will ihn keiner mehr haben“, sagt der Vorsitzende. Deshalb sind schon einige Parzellen zu Grünflächen zurückgebaut worden.
"Blütenhain" ist familiär
Beim Blick in die Anlage „Blütenhain“ in Salzfurtkapelle zeichnet sich ein anderes Bild ab. Der Vorsitzende Frank Maagk kann stolz behaupten, dass alle Parzellen belegt sind - alle 30. „Leerstand hatten wir noch nie.“ Die Anlage ist klein, hat zwei parallel verlaufende Gänge und angrenzend eine Kiesgrube. Ideal für die Sommermonate. Maagk kann sich sogar noch an die ersten Tage des Vereins erinnern. Er gehörte zu den 30 Kleingärtnern, die 1984 die Anlage aufbauten. Und heute, 30 Jahre nach dem Spatenstich, bewirtschaften noch immer elf Gründungsmitglieder eine Parzelle. „Wir sind hier sehr familiär und man kennt sich“, sagt der Vorsitzende.
Und doch werden hin und wieder Gärten frei, auch altersbedingt. 80 Prozent der Mitglieder der kleinen Anlage sind 56 Jahre und älter. Bis jetzt fanden sich immer Nachmieter für die Parzellen. So kam noch Ende vergangenen Jahres ein Paar nach Salzfurtkapelle, dass durch die Flut seinen Garten in Nienberg verloren hat. Dass die demografische Entwicklung nicht am „Blütenhain“ vorbeiziehen wird, das weiß auch Frank Maagk.

