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Wörterbuch am Zesenweg Kirche will den Dichterpfad bei Priorau aufwerten

08.04.2021, 15:48

Priorau

Der Dichterpfad ist mit gelbem Textmarker eingezeichnet. Vom Raguhner Bahnhof durch die Muldenaue im Norden. Vorbei an Priorau. Bis hin zur Wegscheide zwischen Marke und Schierau. So zeigt die Karte auf dem Holztisch vor der Priorauer Dorfkirche nochmals genau, wo es lang geht. Direkt daneben liegt ein Schild mit dem Konterfei des Mannes, dem die Strecke gewidmet ist - Philipp von Zesen, geboren hier vor Ort. Den kleinen Wanderpfad mit seinem Namen gibt es bereits seit den 1980er-Jahren. Nun soll er aufgewertet werden. Die Evangelische Kirchengemeinde Priorau-Schierau will den Zesen-Gedenkweg gemeinsam mit dem örtlichen Heimatverein und der Stadt Raguhn-Jeßnitz zu einem sogenannten begehbaren Wörterbuch ausbauen. Auch das Kulturbüro der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) steuert im Rahmen ihres „Landgut“-Programmes 8.000 Euro bei. Zum Projektauftakt wurde am Mittwoch eine entsprechende Plakette an der Priorauer Dorfkirche angebracht und davor symbolisch ein Baum gepflanzt.

Bald soll der berühmteste Sohn des kleinen Orts gebührend zu Ehren kommen

Bald soll der berühmteste Sohn des kleinen Orts im Norden der Gemeinde Raguhn-Jeßnitz nun auch hier gebührend zu Ehren kommen. 1619 erblickte Von Zesen in Priorau das Licht der Welt. Einen Namen machte er sich nicht nur als Dichter - sondern vor allem durch das Übersetzen fremder Wörter in die deutsche Sprache. Dank dem Priorauer wurde die Adresse zur Anschrift und die Bibliothek zur Bücherei. Andere seiner Ideen fanden weniger Anklang. „Mein Favorit ist Meuchelpuffer“, sagt Andreas Hillger und fügt hinzu: „Für Pistole“. Der Dessauer Autor hat an dem neuen Konzept für den Zesenweg mitgeschrieben. Dieses trägt den Namen „Von Anschrift bis Zwölfbote“ und soll Wanderer direkt an dem Pfad über Zesens Wortschöpfungen informieren. „Wir wollen hier Schilder anbringen, die wie ein Wörterbuch einzelne Begriffe erklären“, sagt Hillger. Dafür wird nun nach Mitstreitern gesucht - etwa nach lokalen Vereinen oder Einrichtungen. Mit ihnen gemeinsam sollen die Tafeln dann bestückt werden.

Bisher verirrten sich nur einzelne Touristen in den kleinen Ort

Auch der Priorauer Heimatverein schiebt das Vorhaben an. „Ich freue mich, dass wir den schlummernden Philipp von Zesen aus seinem Dornröschenschlaf erwecken können“, sagt Andreas Schaaf, der Vorsitzende, bei der Auftaktveranstaltung. Seit langem möchte der Verein mehr Wanderer und Radfahrer nach Priorau locken - etwa zum Heimatmuseum, das die Mitglieder nicht weit von der Kirche betreiben. Bisher verirrten sich aber nur einzelne Touristen in den kleinen Ort und die umliegende Natur, berichtet Schaaf. Unter anderem, weil es bislang an Schildern fehle, die auf Wanderwege und Kultur hinweisen.

Die Tafeln für den Zesenweg sollen hier nun erste Abhilfe schaffen. Das will auch die Stadtverwaltung. Der Dichterpfad soll in ein regionales Tourismus - und Radwegekonzept eingegliedert und mit anderen Attraktionen in Anhalt-Bitterfeld verbunden werden. „Wir sind mit dem Landkreis in der Abstimmung über die Vereinheitlichung und haben unsere Vorschläge dort eingebracht“, sagt Bürgermeister Bernd Marbach (parteilos). Zunächst gelte es, den Zesenweg im Süden mit dem Hermann-Conradi-Weg sowie dem Pulverhäuschen und Irrgarten in Altjeßnitz zu verbinden. „Sodass wir unsere Touristen von Süd nach Nord durch die Stadt führen können“. Auch mit der Kreisfreien Stadt Dessau-Roßlau liefen Gespräche über eine nördliche Anbindung an den Muldetalwanderweg.

Zunächst müssen die neuen Schilder für den Zesenweg allerdings gestaltet und montiert werden. Bis wann das geschehen wird, ist noch nicht genau abzusehen - auch wegen der Corona-Pandemie. Laut Hillger soll das Projekt möglichst noch in diesem Jahr fertiggestellt werden - womöglich bis zum Reformationstag im Oktober. (mz/Tim Fuhse)