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Kinderförderungsgesetz Kinderförderungsgesetz: Umsetzung wirft Fragen auf

10.01.2013, 15:13

Bitterfeld/MZ. - Die Verunsicherung über die Auswirkungen des neuen Kinderförderungsgesetzes (Kifög) ist groß. Am 1. August wird es in Kraft treten. Doch derzeit wissen weder die Eltern noch die Vertreter der Städte, Gemeinden und des Landkreises, wie der Gesetzestext in der Praxis umgesetzt werden kann.

Neuorganisation stiftet Verwirrung

Denn mit der Novellierung wird die Kita-Verantwortung von den Städten und Gemeinden auf den Landkreis übertragen. Das wird von allen Seiten scharf kritisiert. "Mit der kommunalen Hoheit verband sich eine wichtige Ortsnähe der Verantwortlichen", sagt Ulrike Folta, die dem Elternkuratorium der Jeßnitzer Wasserflöhe angehört.

"Somit hatten die Eltern einen vertrauten und kompetenten Ansprechpartner vor Ort. Dies fällt mit der Übertragung der Zuständigkeit auf den Landkreis weg. Die Wege für die Eltern sind dadurch mit längeren Fahrzeiten und höheren Kosten verbunden", befürchtet sie.

Dem widerspricht selbst der Landkreis nicht. An ihn richtet sich zukünftig der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, sprich: Die Eltern - so eine mögliche Lesart - werden einen Krippen- oder Kindergartenplatz nicht mehr in Pouch, Raguhn, Sandersdorf, Wolfen oder Zörbig anmelden, sondern in Köthen.

"Es ist unverständlich, dass ein gut funktionierendes System geändert wird. Die Kommunen vor Ort wissen am besten damit umzugehen und haben das bisher auch gut gemeistert", sagt Kreis-Pressesprecher Udo Pawelczyk. Zumal sei momentan völlig offen, wie die zukünftigen Aufgaben für den Landkreis aussehen und welche finanziellen sowie personellen Ressourcen vorgehalten werden müssen.

Erst Ende Januar wird es zur Umsetzung der Kifög-Novelle eine Beratung beim Land geben. Während man auf Landkreisebene bis dahin also noch im Dunkeln stochert, sieht man in Bitterfeld-Wolfen schon konkrete Probleme auf sich zukommen. "Bislang galt der Ganztagsanspruch nicht für Kinder von erwerbslosen Eltern", sagt der Leiter der Haupt- und Sozialverwaltung, Joachim Teichmann. "Mit der Novellierung des Gesetzes gilt der Anspruch nun für alle."

Zudem werde auch der Personalschlüssel verbessert. Beide Veränderungen seien eigentlich zu begrüßen, doch in Kombination hätten sie einen "erheblich größeren Personalbedarf" zur Folge. "Wenn alle Kinder, die bislang fünf Stunden pro Tag die Einrichtungen besuchten, dann acht Stunden gehen, ist das für uns kein Problem. Sollten sie allerdings zehn Stunden gehen, dann reicht die Personaldecke nicht aus." Im schlimmsten Fall könnten aufgrund der dann ausgereizten Personalkapazitäten keine Plätze mehr vergeben werden.

Neben den personellen seien auch die finanziellen Auswirkungen unklar, denn der Gesetzgeber sieht vor, dass ein mögliches Finanzierungsdefizit zu 50 Prozent auf die Gemeinden entfällt. "Die anderen 50 Prozent tragen die Eltern", so Teichmann. Niemand könne aber sagen, wie hoch dies sei. Zumal die Kosten in jeder Einrichtung unterschiedlich ausfielen.

Mögliche Klage wird geprüft

Damit wirft die Kifög-Novellierung mehr Fragen als Antworten auf. Der Städte- und Gemeindebund prüft sogar eine Klage gegen das Gesetz. "Eine Kommunalverfassungsbeschwerde vor dem Landesverfassungsgericht scheint aus unserer Sicht nicht völlig unbegründet", sagt Referentin Karin Becker.

Argumentativ nennt sie dafür die Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechtes. Mit der Übertragung der Kita-Zuständigkeit werde ein Kernbereich - die Daseinsvorsorge - verletzt. "Dies können wir nicht hinnehmen."