1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Bitterfeld-Wolfen
  6. >
  7. Im Bitterfelder Tiergehege muss das Geflügel unterm Dach ausharren

Geflügelpest macht erfinderisch Im Bitterfelder Tiergehege muss das Geflügel unterm Dach ausharren

21.04.2021, 09:11

Bitterfeld - Die Pest macht erfinderisch. Thomas Ehrlich und sein Team vom Bitterfelder Tiergehege wurden jetzt zu wahren Baumeistern. Notgedrungen. Baumeister Bob hätte wohl seine Freude daran. Ihr Einsatz dient dem Wohl ihrer beflügelten Prachtexemplare, von denen es im tierischen Areal in der „Grünen Lunge“ etwa 40 Schönheiten gibt.

Die müssen derzeit unterm Dach ausharren. Es herrscht Stallpflicht - schon monatelang. „Seit dem 19. Dezember 2020 gilt die Aufstallpflicht für Geflügel in Teilen des Landkreises Anhalt-Bitterfeld.“

Gehegechef und gleichsam Vorstandsmitglied des Vereins „pepe-activ“ vergleicht den „Hausarrest“ mit „Tierquälerei“. Gans Tweety zum Beispiel watschelt nicht mehr richtig. Sie leidet an Vitamin-D-Mangel, das hat die Tierärztin bereits festgestellt. Schnelles Handeln war gefragt. Tweety bekommt jetzt Vitamin-Tropfen und die Möglichkeit, ins Wasser zu gehen.

Jetzt heißt es für Tweety & Co.: „Baden unter Aufsicht“

Es entstand nämlich ein etwa 30 Meter langer „Lustwandelgang“ aus Holzpaletten, der das Geflügel zu einem übernetzten „Schwimmbecken“ führt. „Das ist wohl zirkusreif“, finden nicht nur die Besucher.

Und jetzt heißt es für Tweety & Co. „Baden unter Aufsicht“. Carolin Kittler geleitet, lockt und beobachtet - damit ihren Lieblingen nichts passiert. Die Tierpflegerin ist besorgt. Natürlich sei die Lösung nicht ideal, aber immerhin kommen die Vögel wieder ans Sonnenlicht und ins Wasser. Um das zu ermöglichen, haben hier alle mitgeholfen. „Das Wohl der Tiere liegt uns sehr am Herzen. Es geht um ihr Leben“, betont Ehrlich. Er hat sich bereits mehrfach an die zuständige Behörde gewandt und seine Bitte um Lockerungen vorgebracht.

Aber, es gebe kein Licht am Ende des Tunnels. Wohl nur eben bei der Marke Eigenbau. „Grund für die Aufstallpflicht war die Risikobewertung der Seuchenlage aviäre Influenza - auch als Geflügelpest bezeichnet - Anfang Dezember 2020 durch das Friedrich-Löffler-Institut (FLI)“, teilt die Landkreisverwaltung mit. „Für die Anordnung der Aufstallpflicht wurden durch den Landkreis damals auch die durch die EU ausgewiesenen Rastplätze für Wildvögel (Vogelzug) berücksichtigt“, wird informiert. Nachweise bei Hausgeflügel habe es bisher im Landkreis nicht gegeben, heißt es auf MZ-Anfrage.

Wann ist endlich Schluss mit dem Einsperren?

Doch, wann ist endlich Schluss mit dem Einsperren? Das will nicht nur Thomas Ehrlich wissen. „Die Aufhebung der Aufstallpflicht im Landkreis erfolge erst bei Änderung der Risikobewertung durch das FLI und in Abstimmung mit dem zuständigen Ministerium des Landes.“ Wann dies geschehe, sei nicht bekannt, teilt die Pressestelle der Landkreisverwaltung weiter mit. Auch Ehrlichs Wunsch nach Ausnahmeregelungen für Tiergehege, die ja eingerichtet wurden, damit die Tiere bewundert und zur Schau gestellt werden können, findet kein offenes Ohr. „Es gibt im Landkreis keine Ausnahmegelungen von der Aufstallpflicht für Geflügelhalter“, heißt es aus der Behörde.

Thomas Ehrlichs Vorschlag: „Lockerungen einzuführen, wenn in einem überschaubaren Zeitrahmen kein totes Geflügel aufgefunden wird.“ Das Team des Tiergehege in der „Grünen Lunge“ hat mit dem aufsehenerregenden überirdischen Tunnelbau eine Übergangslösung gefunden. Vielleicht sollten sie es schon mal zum Patent einreichen! (mz/Sylvia Czajka)