Hilfe für die kranke Seele Hilfe für die kranke Seele: 20 Jahre Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Wolfen

Wolfen - Was tun, wenn die Welt aus den Fugen geraten ist? Wenn Angst das Leben bestimmt oder der Umgang mit anderen Menschen zur Herausforderung wird? „Offen mit dem Thema umgehen, den Weg zum Arzt oder zu uns finden“, sagt Stephan Gantz.
Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie ist Chefarzt der Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Die zum Gesundheitszentrum Bitterfeld/Wolfen gehörende Einrichtung am alten Standort des Wolfener Krankenhauses gibt es seit 20 Jahren. Dennoch ist sie für nicht wenige eine unbekannte Größe.
Gantz redet nicht um den heißen Brei herum. Er weiß, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen schnell in eine Schublade geschoben werden. „Was hier passiert, ist aber ganz normal. Wir helfen kranken Menschen.“ Der Chefarzt rät zum offenen Umgang mit dem Thema und ist gern bereit, die Klinik, ihre Mitarbeiter und deren tägliche Arbeit zu erklären. „Deshalb machen wir den Tag der offenen Tür. Hier ist nichts geheim und verborgen. Auch wenn viele Leute wirklich krude Vorstellungen von dem haben, was hier geschieht.“
Psychische Erkrankungen hängen oft mit Perspektivlosigkeit oder dem Verlust des Arbeitsplatzes zusammen
Offene Türen. Das Angebot lockt nicht die Massen. Aber es gibt genügend Personen, die sich informieren. Psychische Erkrankungen sind so selten nicht. Oft genug hängen sie mit Perspektivlosigkeit oder dem Verlust des Arbeitsplatzes zusammen. Menschen ziehen sich zurück, igeln sich ein.
Depressionen sind Reaktionen auf Umwelteinflüsse. Das Leben wird dunkel, eng. Praktisch immer und überall treten Probleme auf. „Wir demonstrieren das mit Modellen“, erklärt der Chefarzt. Das für die Depression gleicht einem Schirm. Die Welt ringsherum wird nur durch einen dunklen Schleier wahrgenommen. „Ich bin schuld. Ich habe versagt.“ Sprüche verstärken die Wirkung.
„Unsere Therapie erfolgt unter ganzheitlichen Aspekten“, sagt Stephan Gantz. Patienten zwischen 18 und 65 Jahren werden üblicherweise in Kursen zu zwölf Wochen behandelt. Die Palette der Angebote reicht von Einzelgesprächen über Sozio- und Sporttherapie, Entspannung bis zu Psychopharma- und Familientherapie. „Der Mensch muss aber aktiv mittun. Das ist notwendig für eine positive Veränderung im Erleben und Verhalten“, gibt der Chefarzt Besuchern mit auf den Weg.
„Heute suchen nicht wenige Menschen einen Ausweg in der Sucht“
In der Tagesklinik wird ein breites Spektrum an Erkrankungen behandelt. Dazu gehören Anpassungsstörungen und Belastungsreaktionen. Dass die zunehmen, sagt der Chefarzt nicht direkt. Aber er betont, dass antisoziales, aggressives und impulsives Verhalten längst keine Ausnahme mehr ist. Die Ursachen dafür zu ergründen, ist eine Herausforderung und braucht neben Fachwissen auch Geduld und Gespür für den Menschen. „Heute suchen nicht wenige Menschen einen Ausweg in der Sucht“, stellt Stephan Gantz klar. Alkohol und Drogen kommen ins Spiel.
In Wolfen nehmen die Mitarbeiter die Probleme ernst. Allerdings behandeln sie Patienten mit akuten Suchtproblemen, organisch bedingten Verhaltungsstörungen oder ausgeprägter Demenz nicht vor Ort. Das sei Aufgabe von Fach- und Spezialkliniken, so der Chefarzt. Die Wolfener Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie hat über 20 Therapieplätze. Behandelt werden Patienten nach Einweisung durch den Haus- oder Facharzt. (mz)
Chefarzt Stephan Gantz steht für Informationsgespräche zur Verfügung. Sie können über die Klinik vereinbart werden. Deren Mitarbeiter sind Montag bis Freitag 7.30 und 16 Uhr unter Telefon 03494/799911 erreichbar.