Herrenhaus Muldenstein Herrenhaus Muldenstein: Viel Hingabe für herrschaftlichen Sitz
Muldenstein/MZ. - Die Sonne spielt mit den Weinblättern, die die Fassade des Muldensteiner Herrenhauses schmücken. Wirft kleine Schatten zwischen sie und lässt die dunklen Punkte in dem üppigen Laub tanzen.
Handwerker haben ein Gerüst davor gesetzt. Das Dach soll nun endlich saniert werden. "Da kommen Schieferschindeln drauf. Wie früher", erklärt Bürgermeister Walter Schmidt. Er freut sich, dass es gelungen ist, dafür Fördermittel zu bekommen. Eine ansehnliche Summe, sagt er.
Das Herrenhaus Muldenstein ist es wert, dass es nicht nur erhalten sondern umfassend saniert wird. Das Anwesen, an dem über die Jahrhunderte stets irgend etwas gebaut und verändert wurde, ist ein Kleinod. Aber keins, das als Museum unter Schutz steht. Hier ist Leben drin. Zumindest an den Wochenenden: Konzerte, Ausstellungen, Feiern. Im Obergeschoss ist die Heimatstube eingerichtet. Und einen Schulungsraum mit modernster Technik gibt es auch.
Die Frauen tragen Geschirr herbei und Gläser, Bestecke. Sie richten das Lutherzimmer her. "Die achte Hochzeit in diesem Jahr bereiten wir vor", sagt Christel Hildebrand. "Die Leute heiraten wie verrückt." Das mag gut sein für die Eheleute, fürs Haus ist das sehr gut sogar. Denn dann sind die Räume in der unteren herrschaftlichen Etage vermietet. Für 125 Euro kann die ganze Gesellschaft im einstigen Salon speisen, im Lutherzimmer vor dem Kamin parlieren, im Foyer tanzen, im Garten träumen. Und sich auf der prächtig geschwungenen Treppe ablichten lassen. Damit sie sich später daran erinnern kann, dass sie im Herrenhaus Muldenstein feste gefeiert hat.
"Schade ist eben nur, dass wir hier keine Gastronomie haben", meint Christel Hildebrand. Das ist es wirklich. Zumal der Garten, an dessen Stirnseite die Mulde träge dahinfließt und in dem eine prachtvolle hundertjährige Magnolie ihre grünen Äste wie überlange Arme in den Himmel reckt, regelrecht als romantischer Kaffee-Garten geschaffen zu sein scheint.
Das denkmalgeschützte Herrenhaus kostet Geld. Woher nehmen, wenn die Kassen der Gemeinde leer sind? Trotzdem erschließen die Räte und der Bürgermeister immer mal wieder eine Quelle. So konnten seit 1994, seit es im Besitz der Gemeinde ist, nach und nach einige Arbeiten erledigt werden.
Die Stuck-Decken sind wieder hergerichtet. Der Turm der Kirche ist neu gedeckt. Die Räume sind gemalert. "So wie Geld kommt, wird etwas gemacht. Und leichte Sachen erledigen wir schon selbst", erklärt Christel Hildebrand. Sie ist über ABM im Herrenhaus beschäftigt und unter anderem dafür zuständig, dass das Haus vermarktet wird. Das läuft gut. "Ausgebucht bis nächstes Jahr September", sagt sie. Dann wird die ganze zehnköpfige ABM-Mannschaft nicht mehr hier sein. Und wie es weiter geht mit ABM, das steht noch in den Sternen.
Mit einem Schuss Wehmut sagt sie das. "Klar, das ist normal, dass die Stellen auslaufen. Aber was wird mit dem Haus? Das muss bewirtschaftet werden." Sie genießt den Ausblick auf den Garten. Den liebt sie. "Auch im Winter ist es wunderschön." Darin ist sie sich mit Norbert Lange, der hier zur Heimatgeschichte forscht, einig. Er ist ein ausgemachter Naturfreund. Und hat hier schon einige Entdeckungen gemacht. "Wenn man früh zeitig da ist, sieht man den Biber noch." Störche lassen sich nieder auf dem Schornstein des Heizhauses. Und im Kirchturm lebt eine Fledermauskolonie. Über 700 Tiere - das Große Mausohr. Die größte Kolonie in Sachsen-Anhalt, erklärt Lange begeistert.
Jetzt will er sich darum kümmern, dass die prächtige alte Magnolie, die gerade versteckt ein paar dunkelrot schimmernde Blüten treibt, saniert wird. Saniert? "Klar, das können Fachleute. Der Baum hat ein paar Schadstellen. Er ist alt. Und als das Herrenhaus Kinderheim war, denke ich, war er verlockend als Kletterobjekt."
Die Ur-Geschichte des Herrenhauses reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück. Mindestens. Barfüßermönche haben hier ein Kloster gebaut. Aus der Zeit dürfte der romanische Teil der Kirche stammen. Nach vielen Um- und Anbauten erhielt es 1925 sein jetziges Aussehen. Es war in Besitz von Banken, herrschaftlicher Wohnsitz, es war Handels- und Parteischule und es war Kinderheim. Jetzt ist es das sozio-kulturelle Zentrum der Gemeinde.