Gegen den Mangel Gegen den Mangel: Gesundheitszentrum bildet eigene Hebammen aus

Bitterfeld - In Deutschland gibt es etwa 24.000 Hebammen. Die Zahl nennt der Deutsche Hebammenverband. Nachwuchs zu finden, fällt nicht leicht. Betroffene Einrichtungen sprechen offen von einer im übertragenen Sinn schweren Geburt.
Ausbildung von Hebammen ist ein Zeichen für die Zukunft der Klinik
Im Gesundheitszentrum Bitterfeld/Wolfen baut man nicht mehr auf den Zufall und mögliche Bewerbungen. Dort wurde die Hebammenausbildung im September letzten Jahres in die eigenen Hände genommen. Die ist zahlenmäßig keine Riesensache. Aber sie ist ein Zeichen pro Geburtsklinik. „Uns liegt an wohnortnaher Entbindung. Die Möglichkeit der Geburt wollen wir auch künftig Frauen aus Anhalt-Bitterfeld und angrenzenden Kreisen anbieten“, sagt Krankenpflegedirektor Jörg Heinrich.
Dafür braucht es Hebammen, die das kommunale Haus in Kooperation mit dem Ausbildungszentrum für Gesundheitsberufe am Universitätsklinikum Halle (Saale) ausbildet. Theorie in Halle, Praxis in Bitterfeld: „Nur so gewinnen wir auf Dauer eine gute Hebamme für unser Haus“, wird Heinrich deutlich.
Offener Austausch und Praxisnähe ist wichtiger Teil der Ausbildung in Bitterfeld
Alina Steglich hat die Chance beim Schopf gepackt. Die 18-jährige Leipzigerin ist Hebammen-Schülerin. Sie ist bisher die einzige in Bitterfeld und steht mit Josephine Kaden für die neue Generation im Kreißsaal. Die Mittzwanzigerin arbeitet als Praxisanleiterin und setzt auf den direkten Draht zum Berufsnachwuchs. „Mir ist ein offener Austausch wichtig. Alina darf immer nachfragen und wenn ein Handgriff nicht sofort sitzt, üben wir zusammen.“
Es sind die Tipps und Erfahrungen, die dem Nachwuchs helfen sollen. Drei Jahre dauert die Ausbildung, Prüfungen werden zu wichtigen Meilensteinen. Alina Steglich hat die ersten davon gemeistert. Die Leopold-Handgriffe als die klassischen Unter-suchungsschritte zur Feststellung der Kindslage im Mutterleib gehören dazu.
„Ich bin super aufgenommen worden. Alle sind hilfsbereit und geduldig mit mir. Ich kann Fragen stellen, habe Spaß an der Arbeit. Es ist so, wie ich es mir vorgestellt habe“, erzählt die aus einer Großfamilie stammende Leipzigerin. „Meine Mutter hatte mehrere Hausgeburten. Irgendwann wusste ich: Du wirst Hebamme.“
Zwischen Wunsch und Realität steht nicht nur Zeit. Manchmal hilft auch der Zufall weiter. In Leipzig fand sich die junge Frau auf der Warteliste für die Hebammenausbildung wieder. In Bitterfeld klappte es sofort. Die Entscheidung für das flache Land bereut die junge Frau nicht. Im Gegenteil. „Ich war bereits bei 15 Geburten dabei. Das bringt einen weiter.“ Die Großstadt sei außerdem mit der Theorieausbildung an der Uni nicht ad acta gelegt.
Ausbildung soll fortgesetzt werden
Die Voraussetzungen für die Hebammenausbildung sind im Gesundheitszentrum sehr günstig. „Wir haben mit bis zu 500 Kindern pro Jahr stabile Geburtenzahlen und setzen auf die wohnortnahe Entbindung in familiärer Atmosphäre“, betont Krankenpflegedirektor Jörg Heinrich. Zu den Leistungen des Zentrums würden außerdem die von eigens geschulten Hebammen und Gesundheitspflegern gemachten Angebote wie die Stillberatung und Schreisprechstunde gehören.
Heinrich bestätigt außerdem die Absicht, die Hebammenausbildung auch künftig in Bitterfeld praktizieren zu wollen. Die Gespräche zur Fortsetzung der Kooperation mit dem Universitätsklinikum Halle laufen. (mz)