Für das Klima, gegen den Hass Fridays For Future protestiert in Bitterfeld - Luisa Neubauer greift zum Mikro - „Wir sind viele“

Bitterfeld/MZ - „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut.“ Laut schallte es Freitagnachmittag trotz Regens durch Bitterfeld. Die Stadt erlebte ihre erste große Demo von „Fridays for Future“ (FFF). Rund 200 meist junge Leute zogen durch die Innenstadt - mit lauter Musik, selbst gemalten Plakaten, Sprechchören und Polizeiwagen, die den Verkehr stoppten. Kurzzeitig galt: Freier Marsch für Klimaaktivisten statt freie Fahrt für freie Bürger.
„Ich bin so glücklich, euch alle hier zu sehen“, begrüßte der lokale Initiator Jonas Venediger die Teilnehmer. In den vergangenen Wochen hatte der 18-Jährige, der seit 2019 vergeblich versuchte, Bitterfelder Umwelt-Demos auf die Beine zu stellen, über Angriffe auf Umweltaktivisten berichtet und bundesweit Aufmerksamkeit von FFF-Gruppen erregt. Diese trafen sich nun aus Köln, Hamburg und Berlin, Dresden, Chemnitz und Erfurt, Leipzig, Kassel und Mainz in Bitterfeld, um „Gegen rechte Gewalt und Hass gegen Aktivist*innen“ - so das Motto - zu demonstrieren.

Bitterfeld-Wolfener waren deutlich die Minderheit. Doch Stadträte wie Diana Bäse (SPD) oder Christian Hennicke (Grüne) hielten die lokale Fahne hoch. Plakate wie „Klimaschutz heißt Antifa“ oder „Systemwandel statt Klimawandel“, Antifa-Fahnen und Rufe wie „Hoch die internationale Solidarität“ prägten den Zug, der sich ab 15.30 Uhr vom Robert-Schuman-Platz über die Burgstraße und die B 100 zog. Dabei wurde für den Klimastreik am Tag der Bundestagswahl geworben. „Wir streiken, weil ihr nicht handelt“, rief eine Braunschweigerin unter tosendem Applaus. Klimaschutz müsse Grundlage der Politik werden. Die wenigen Passanten beäugten den Zug. Manchmal gab es ein freundliches Winken. Venediger berichtete aber auch von Pöbeleien und rechter Musik, die hinter dem Zug abgespielt worden sein soll.
In der Straße Am Theater der erste Halt: Jakob Springfeld aus Zwickau schilderte Beleidigungen und Attacken, die er wegen seines Eintretens gegen den Klimawandel erlebte. „Aber wir geben nicht auf. Die Angriffe machen uns nur stärker, wenn wir zusammenstehen.“ Eine Johanna aus dem Alternativen Kulturwerk Bitterfeld sah die Duldung rechtsextremer Tendenzen gar als „strukturelles Problem in Bitterfeld“.

Über die Lindenstraße ging es zum Bahnhof, wo ein Mitglied einer Altmark-Initiative gegen die A 14 argumentierte. Hier verließen die ersten durchnässten Teilnehmer die Demo. Über die Rathenaustraße zogen die Klimakämpfer zurück zum Schuman-Platz, wo schließlich Luisa Neubauer, Deutschlands bekannteste FFF-Aktivistin, zum Mikro griff.
„Ich bin so stolz, dass sowas weit weg von Berlin stattfindet. Danke!“ Eigentlich habe sie über den Hass reden wollen, den auch sie kenne. „Aber ich rede lieber über die, die Widerstand leisten, über die Energie, die entsteht, wenn Menschen zusammenstehen und laut werden, wo andere leise sind. Wir trotzen dem Klimawandel und seinen Leugnern.“ Eine bessere und gerechtere Welt für alle sei möglich. Venediger, der Neubauer bei ihrer Rede den Schirm hielt, zog das Fazit: „Wir haben gezeigt: Wir sind viele und stehen ein gegen Hass, Gewalt von rechts und für Klimagerechtigkeit.“