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Frau der Woche Frau der Woche: Euro-Wechselstube in Wittenberg

Von Corinna Nitz 19.07.2002, 12:10

Wittenberg/MZ. - Es funktioniert immer und stets automatisch: Jemand gibt Christa Grams Geld, sie dreht die Münzen in ihrer Hand herum und nimmt deren Rückseiten in Augenschein.

Handelt es sich um ein Geldstück aus einem anderen Euro-Land, wird es aufpoliert und in die Sammlung eingeklebt. Die hängt hinter Glas überm Tresen im Presse- und Tabakladen, den die Wittenbergerin gemeinsam mit ihrem Ehemann betreibt. Weil der strategisch günstig an der Flaniermeile der Lutherstadt liegt, passiert es gar nicht so selten, dass ausländische Touristen mit Euro-Münzen, die auch Frau Grams noch nicht hat, herein spazieren.

Kürzlich etwa kamen die Mitglieder des belgischen Chors, der in der Braunsdorfer Flämingkirche gastierte, ins Geschäft. Was dazu führte, dass der belgische Münzsatz nun komplett ist.

Die belgischen Münzen tragen auf der nationalen Seite alle dasselbe Motiv: Im Zentrum steht das Porträt von Albert dem II., der am 9. August 1993 als sechster König der Belgier vereidigt wurde. Im Gegensatz zu den Münzen der Österreicher, die sich gleich acht verschiedene Motive einfallen lassen haben, ist das vergleichsweise langweilig.

Die Zwei-Euro-Münze der Alpenländler zeigt die Friedenskämpferin und Nobelpreisträgerin Bertha von Suttner. Komponist Wolfgang Amadeus Mozart ist auf der Ein-Euro-Münze abgebildet. Das Haus der Wiener Secession als bedeutendes Jugendstil-Bauwerk schmückt die 50-Cent-Münze und das Barockschloss Belvedere die 20-Cent-Münze. Auf der 10-Cent-Münze ist der gotische Stephansdom zu sehen, eines der beliebtesten Touristenziele in Wien.

Zu Christa Grams'' persönlichen Favoriten zählen allerdings Münzen aus dem hohen Norden. "Die finnischen finde ich am schönsten", sagt sie und tippt auf das Zwei-Euro-Stück mit einer Blume, die sich allerdings bei intensiver Recherche als in Finnland weit verbreitete Moltebeere entpuppt. Auch die Vögel auf dem Ein-Euro-Stück, in denen Frau Grams Wildgänse erkannt hat, sind tatsächlich Schwäne, zwei an der Zahl, die die finnische Seenlandschaft überfliegen. Der heraldische Löwe, das finnische Wappentier, wurde auf sämtliche Cent-Münzen geprägt.

Bereits vor der Einführung des Euro muss Frau Grams wohl klar gewesen sein, dass der, zumindest in der Münzausführung, in mannigfaltiger Ausführung kommen wird. Als später die Mitteldeutsche Zeitung einen Bogen veröffentlichte, auf dem - bis auf die Bundesrepublik Deutschland - die Münzsätze sämtlicher Euroländer vorgedruckt sind, entschied sie sich, beim Kassieren genauer auf das Klappergeld zu achten. Neues wird aufgeklebt und kann dann im Wechselrahmen studiert werden. Was doppelt vorhanden ist, kommt in ein Kästchen, das auf dem Tresen steht.

Bei Leuten, die wie Christa Grams zu Euro-Freaks gehören, ist diese Krabbelkiste zu einem Objekt der Begierde geworden. "Häufig kommen diese Leute nur, weil sie wissen wollen, ob ich da schon was neues in der Kiste habe", lacht sie. Und dann wird getauscht.