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Ernteeinbußen in Prussendorf Ernteeinbußen in Prussendorf: Tausende Stare fallen über die Sauerkirschen her

Von Sylvia Czajka 03.08.2015, 09:18
Annett und Jörg Lebahn sind gut gelaunt bei der Kirschenernte. Morgens ist noch kein Star in Sicht.
Annett und Jörg Lebahn sind gut gelaunt bei der Kirschenernte. Morgens ist noch kein Star in Sicht. André Kehrer Lizenz

Prussendorf - Mit Jörg Lebahn ist derzeit nicht gut Kirschen essen. Obwohl es eigentlich in seinem Interesse wäre. Schließlich arbeiten er und die Leute vom Obsthof das ganze Jahr auf die Ernte hin. Sauerkirschen aus Prussendorf haben einen Namen unter Kuchenbäckern, Marmeladenrührern, „Kirschwein-Winzern“, Saftproduzenten ... Doch der Obstbaumeister präsentiert derzeit eine saure Miene. Und die rührt nicht vom Verzehr der Früchtchen her. Was ihn wurmt, flattert in Scharen über Schattenmorellen und Karneolkirschen, die derzeit an 100 bis 150 Bäumen hängen - rund und prall. Tausende Stare rüsten sich täglich zum Angriff auf die Plantage. „Zehn Prozent Ernteeinbußen werden wir wohl am Ende der Saison verzeichnen“, schätzt Lebahn.

Beflügelte Räuber

Wer bei der Kirschenernte die Rechnung ohne die Stare mache, sei blauäugig. Prussendorf hätten sie immer gefunden. Natürlich gebe es Möglichkeiten, die Räuber fern zu halten. Doch mit Kanonen auf Stare zu schießen, damit sei niemandem geholfen. Deshalb bedienen sich die Erntehelfer einer so genannten Holzklatsche. Der Lärm vertreibt die Vögel nur für Momente. Kurz darauf stecken sie ihre Schnäbel wieder ins Fruchtfleisch. Ein Patentrezept kennt Jörg Lebahn nicht.

Aber auf dem Obsthof haben sie gelernt, mit der Natur zu leben - auch mit den Staren. Jedes Jahr stünde man vor neuen Herausforderungen, das sei es, was Jörg Lebahn an seinem Beruf so fasziniert. Nie sei ein Jahr wie das andere. Auch der Blick zum Himmel reiße nie ab. Es bleibe immer ein Risiko. Wer Wetten über das Wetter abschließt, der habe meistens verloren, heißt es in Prussendorf.

Der Starkregen zum Beispiel, der vor ein paar Wochen hernieder prasselte, habe die Sauerkirschen platzen lassen. Jörg Lebahn bekam das große Zittern - ob dadurch die Ernte in Gefahr gerät? Es habe sich noch in Grenzen gehalten. 150 bis 200 Kilogramm Sauerkirschen werden täglich in Prussendorf gepflückt. Zum Pflückerteam gehören auch Lebahns Frau Annett und Helga Deschner. Geerntet werde nach Bedarf - immer frisch. Vorbestellungen gebe es. Die werden quasi abgepflückt.

Saure Früchtchen

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Ab 7 Uhr greifen sie nach den sauren Früchtchen. Das erfordert Fingerspitzengefühl. Das haben beide Frauen. Die Erfahrung komme noch dazu. Die Prussendorferin Helga Deschner ist quasi im Obstbau groß geworden - weiß, dass der Weg lang werden kann, bis das Obst auf dem Verkaufstisch liegt. Großen Respekt habe sie vor der Natur, schüttelt oft den Kopf, wenn Lebensmittel einfach weggeworfen, gar vernichtet werden.

Das komme bei ihr nie vor. Zu schwer sei die Arbeit in der Plantage. Früher wie heute. Die genießt sie jetzt wieder. Als Rentnerin hilft sie hier und da mal aus an ihrer alten Arbeitsstätte. Sie werde gebraucht, sagt sie. Ob Kirsche, Apfel oder Pflaume. Letztere hat derzeit auch Hochsaison. Unter anderem wippt die Sorte „Katinka“ im Sommerwind. Blau und fest - für Hefekuchen oder Pflaumenmus. Auch hier erleichtern 150 bis 200 Kilo pro Tag die Pflaumenbäume. Der erste Sommerapfel sei auch schon reif. Die Ernte verspricht große Früchte, wenn das Wetter keinen Strich durch die Rechnung macht. (mz)

Ein Star verlässt seinen Bau.
Ein Star verlässt seinen Bau.
dpa/archiv Lizenz
Klatschen, klatschen, klatschen: Lautstark sollen die Stare von den Sauerkirschen vertrieben werden. Manchmal klappt es und manchmal eben nicht.
Klatschen, klatschen, klatschen: Lautstark sollen die Stare von den Sauerkirschen vertrieben werden. Manchmal klappt es und manchmal eben nicht.
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