Ein Preis für Film-Fans Ein Preis für Film-Fans: Defa-Auszeichnung für Wolfener Paul Werner Wagner
![Paul Werner Wagner im Gespräch mit Jutta Wachowiak nach dem Film „So viele Träume“ von Heiner Carow im September 2019 im Ifm.](https://bmg-images.forward-publishing.io/2021/4/5/bba98b39-93cf-479f-955e-821ad41b5a30.jpeg?auto=format)
Wolfen - Paul Werner Wagner - mit diesem Namen verbinden sich in der Region die beliebte Defa-Reihe „Filme wiederentdeckt“ und die Wolfener Filmtage, die im Industrie- und Filmmuseum seit Jahren eine feste Größe sind. Der Kulturwissenschaftler hat beides für das hiesige Publikum ins Leben gerufen.
Jetzt hat Wagner den Programmpreis der Defa-Stiftung bekommen. Dafür und für noch viel mehr. Denn auch in Berlin, Halle, Münster, in Nürnberg, Heidelberg und Bochum hat er das Publikum längst für Filme der Defa interessiert. Gespräche mit Filmschaffenden, ja, richtige Film-Events, gehen auf seine Kappe.
Vor allem die Gespräche, die er klug, empathisch und witzig moderiert, sind Highlights für das Publikum. Denn oft sind das Regisseure, Schauspieler, Drehbuchautoren, Kameramänner - Leute, die nicht selten mit dem Kapitel Defa vor Jahren schon abgeschlossen hatten. Weil diese großen Filme nicht ins Klischee des kleinen Landes passten, weil sie nicht „auf Linie lagen“, verschwanden sie im Archiv.
Über 700 Filme hat Wagner im Laufe der Zeit kuratiert und wieder öffentliche Aufmerksamkeit verschafft
Ein Phänomen, das auch in den alten Bundesländern für Erstaunen gesorgt hat: Was für sehenswerte und mutige Streifen sind doch in der DDR entstanden. Über 700 Filme hat Wagner im Laufe der Zeit kuratiert und moderiert und vielen von ihnen nach Jahren, in denen sie nicht gezeigt wurden, wieder öffentliche Aufmerksamkeit verschafft.
Es sei unmöglich, alle seine kulturellen Umtriebigkeiten aufzuzählen, so der Laudator in seiner Rede zur Preisverleihung.
„Allein sein Wirken als Vorsitzender der Friedrich-Wolf-Gesellschaft, in dessen Rahmen er auch einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Bewahrung des Andenkens an den großen Konrad Wolf leistet, könnte Seiten füllen. Und da haben wir dann noch gar nicht über Schach gesprochen…“
2002 hat Wagner, der vor 71 Jahren in Wolfen geboren wurde, die Reihe „Filme wiederentdeckt“ ins Leben gerufen, die seitdem regelmäßig im Filmmuseum läuft. 2012 folgte die jährliche Serie „Wolfener Filmtage“, die sich jeweils über vier Tage erstreckt.
Auch der Defa-Chefindianer Gojko Mitić ist in Berlin mit dem Defa-Preis geehrt worden
In Wolfen arbeitet er neben anderen Partnern mit dem Förderverein des Ifm und dem Museum zusammen. Ihm gehe es darum, sagt Wagner, Kultur aus der DDR präsent zu halten. Wer mit wachem und kritischem Geist in diesem Land groß geworden ist, habe gelernt, in Büchern, im Theater und in Filmen zwischen den Zeilen zu lesen, auf Sprache und Gesten genau zu achten, so Wagner. „All das kann man in Spiel- und Dokumentarfilmen der Defa zur Genüge finden.“
Die Streifen aus der DDR nehmen Jung und Alt mit auf Entdeckung in eine schon ferne oder in die eigene Geschichte. „Das kann ein Film sehr gut: historisches Verständnis wecken, indem er Zuschauer über die Bilder mit der Zeit konfrontiert“, stellt er fest. „Das regt auch an, Antworten auf aktuelle Fragen zu suchen. Denn viele Fragen, die sich heute stellen, haben historische Wurzeln. Wer die Geschichte kennt, wirft einen klareren Blick auf die Gegenwart und hat eine bessere Vorstellung von Zukunft.“
Auch der Defa-Chefindianer, der deutsch-serbische Schauspieler Gojko Mitić ist in Berlin mit dem Defa-Preis geehrt worden. Er hat das Genre des Defa-Indianerfilms geprägt wie kein anderer. Und Hand aufs Herz: Wer liebt den „Winnetou des Ostens“ nicht? Ab Mitte der 60er-Jahre zählte er zu den populärsten Stars der DDR. 2016 wurde er am Premierentag der Karl-May-Festspiele sogar zum Ehrenhäuptling ernannt. (mz)