Dachteil flog 170 Meter Dachteil flog 170 Meter: Wetter-Experte: "Sturm in Wolfen war Tornado"

Wolfen - Was bislang nur ein Gerücht und Behauptung von Augenzeugen war, ist jetzt von Wetterexperten bestätigt worden: Über den Südwest-Teil von Wolfen ist vor wenigen Tagen ein Tornado gezogen. Er hat Schäden an Gebäuden, Fahrzeugen und der Vegetation hinterlassen. Leichte Metalldächer wurden abgedeckt, Gegenstände durch die Luft gewirbelt, Bäume beschädigt.
Wetter-Experte: Tornados in Deutschland potenziell genauso stark wie in den USA
Tornados in Deutschland? Thomas Sävert kennt diese Zweifel. Doch der Meteorologe von kachelmannwetter.com weiß es besser. Seine Spezialgebiete sind tropische Wirbelstürme und seit den 1990er Jahren Tornados. „Natürlich gibt es bei uns Tornados. Sie sind absolut vergleichbar mit denen in den USA und können auch genauso stark werden“, so Sävert. Er gehört zur Tornado-Arbeitsgruppe und führt zudem die Tornadoliste Deutschland. Doch was genau war nun in Wolfen los?
„Der Tornado zog am 5. April kurz vor 17 Uhr an einem sich verstärkenden Schauer von West nach Ost.“ Seine Zugbahn war rund 1,8 Kilometer lang und führte östlich von Thalheim kommend auf 60 Metern Breite vom Kreisel Stakendorfer Straße/Guardianstraße über den Kreisel Jahnstraße und die Filmstraße gen Leipziger Straße.
Tornado über Wolfen ist schon der fünfte in diesem Jahr
„Es ist der fünfte bekannte Tornado in diesem Jahr, die Saison ist damit recht früh gestartet“, erklärt Sävert. Allerdings war der Tornado in Wolfen auch der schwächste der fünf, lag in der niedrigsten Kategorie. Seine Geschwindigkeit habe zwischen 90 und 120 Kilometern pro Stunde betragen. „Wolfen hat Glück gehabt.“
Toko-Geschäftsführer Jan Riediger hat das ungewöhnliche Naturereignis miterlebt. Er kam an jenem Donnerstagabend als Spieler des 1. FC Bitterfeld-Wolfen gerade zum Training auf den Sportplatz. „Da fegte wirklich ein kleiner Tornado über den Platz.“
Ein Metalldach landete auf dem Sportplatz des 1. FC Bitterfeld-Wolfen
Von einem Firmengebäude hinter der Go-Tankstelle seien Teile des Metalldaches abgerissen und durch die Luft gewirbelt worden. „Eines landete direkt auf dem Sportplatz, das war echt gefährlich.“ Vom Sozialtrakt des Sportplatzes seien Scheiben kaputtgegangen. „Doch nach knapp einer Minute war alles wieder vorbei.“
Eines dieser abgerissenen Dachteile ist für Sävert ein handfester Beweis, dass tatsächlich ein Tornado durch Wolfen fegte. „Entscheidend ist, dass das 18 Quadratmeter große Dachteil samt Holzunterbau 110 Grad entgegen der Zugrichtung gen Filmstraße durch die Luft flog und 170 Meter entfernt landet. Das schafft keine normale Böe.“ Doch haben die Experten der Tornado-Arbeitsgruppe drei Tage später auch vor Ort mit Zeugen gesprochen und das Gelände untersucht.
Wirbelsturm wütete vor allem im Gebiet zwischen Film-, Liebig- und Jahnstraße
„Kern der Sturmeinwirkung war das Gebiet zwischen Film-, Liebig- und Jahnstraße“, so Sävert. Im Areal A des Chemiepark wurden mehrere Dächer beschädigt. Auf dem Tankstellengelände flogen Mülltonnen in die Luft. Auch früher gab es im Landkreis schon Tornados. So wurden 2004 bei Micheln 275 Häuser beschädigt. Zudem gab es bei diesem Tornado sechs Verletzte. (mz)