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Kurs auf Wachstum Chemiepark Bitterfeld: Chef Heine blickt positiv auf 2016 zurück

31.12.2016, 11:00
Im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen arbeiten rund 12.000 Menschen.
Im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen arbeiten rund 12.000 Menschen. Kehrer

Bitterfeld - Im Bitterfeld-Wolfener Chemiepark arbeiten rund 12.000 Arbeitnehmer. Dort sitzen bedeutende Arbeitgeber für die Menschen aus der Region.

Ein großer Teil der insgesamt mehr als 300 Betriebe ist in der Chemiebranche tätig. Das Wohl der Region und der Stadt hängt also stark von Entwicklungen im Chemiepark ab. Doch wo geht dort die Reise aktuell hin?

MZ-Redakteur Stefan Schröter hat sich dazu mit Patrice Heine unterhalten, Geschäftsführer der Chemiepark Bitterfeld-Wolfen GmbH. Die Gesellschaft betreibt und unterhält den Standort auf einer Fläche von 1.200 Hektar.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Jahr 2016?

Heine: Wir sind sehr zufrieden. Es gab in diesem Jahr im Chemiepark mehrere Investitionen, auch bei großen Unternehmen wie Guardian und Heraeus, oder bei Dow, wo die Produktion ausgeweitet wurde. 100 Millionen Euro sind dieses Jahr im Chemiepark investiert worden.

2017 wird diese Summe noch wachsen. Es ist schön zu sehen, wenn Unternehmen an eine erfolgreiche Zukunft des Standortes glauben.

Die Chemiepark-GmbH sprach vor einem Jahr davon, dass es Zeit ist für die nächste Großinvestition im Chemiepark, wie Anfang der 90er Jahre mit Bayer.

Heine: Die Hoffnung kann man immer haben. Aber größere Neuansiedler aus der Chemie gibt es derzeit nicht in Deutschland. Wir arbeiten weiter daran, ein attraktiver Standort und damit wettbewerbsfähig zu sein, wenn sich das Klima für Großinvestitionen in Europa wieder bessert.

Allein in Deutschland konkurrieren wir mit circa 50 Industrie- und Chemiestandorten. Der Interessent, mit dem wir vor einem Jahr im Gespräch waren, hat sich für einen anderen Chemiepark entschieden.

Inwieweit ist die EEG-Umlage ein Problem im Chemiepark?

Heine: Die Produktion in der Chemie-Branche ist vergleichsweise energieintensiv. Daher sind die Stromabgaben derzeit ein wesentliches Investitionshemmnis. Ein mindestens ebenso großes Problem aus Sicht der Investoren ist die Unsicherheit: Was kostet der Strom in Deutschland in fünf oder zehn Jahren?

In den USA zum Beispiel zahlen Unternehmen deutlich niedrigere Energiepreise und kriegen diese über lange Zeiträume garantiert. Großinvestitionen werden derzeit in anderen Teilen der Erde getätigt.

Das erhofft sich Chemiepark-Chef Heine vom neuen Oberbürgermeister

Nächstes Jahr wird Armin Schenk aller Voraussicht nach Oberbürgermeister von Bitterfeld-Wolfen. Was erhoffen Sie sich von ihm?

Heine: Wichtig ist, dass Oberbürgermeister, Stadtrat und Verwaltung zusammenarbeiten und an einem Strang ziehen. Es geht darum, die Stadt nach vorne zu entwickeln. Dazu muss Einigkeit her. Es wäre wünschenswert, wenn es so gelingt, die latente Unzufriedenheit in der Region zu reduzieren.

Dass sie existiert, haben wir 2016 bei der Landtagswahl gesehen. Diese diffuse Unzufriedenheit lässt sich eigentlich nicht begründen. Die ganz schwierigen Zeiten liegen hinter uns, den meisten Menschen geht es heute besser als in den 90er Jahren.

Viele Menschen kritisieren aber nur, anstatt sich einzubringen. Die Unzufriedenheit ist eine der wesentlichen Baustellen. Denn Sie können nur attraktiv für andere sein, wenn Sie Zufriedenheit ausstrahlen. Warum sollte sonst jemand zu uns kommen?

Wie kann man etwas dagegen tun?

Heine: Wir brauchen Veranstaltungen und Aktionen in der Region, mit denen sich viele Identifizieren. Sportereignisse wie einen Marathon. Ganz wichtig ist ein aktives Vereinsleben. Ehrenamt und Dienst an der Gesellschaft brauchen wieder mehr Wertschätzung.

Im Auftrag des Zweckverbandes Goitzsche wurde ein Marketing-Konzept erarbeitet, das einige spannende Ansätze und Ideen in diese Richtung enthält. Das sollte man nicht in der Schublade verschwinden lassen.

Im Jahr 2015 brannte das Gebäude des Spezialklebstoff-Herstellers Polychem. Viele Menschen beobachteten das Geschehen aus der Nähe und parkten ihre Autos am Straßenrand. Vor allem auch wegen der Gaffer hatte der Chemiepark ein Havariekonzept angekündigt. Wie weit ist das umgesetzt?

Heine: Wir sind noch nicht ganz am Ende unserer Überlegungen angelangt. Aber wir wissen zumindest schon, was wir nicht machen wollen. Ampeln und Schranken, um den Durchgangsverkehr im Fall der Fälle zu lenken, sind nicht nur teuer, sondern vor allem auch operativ nicht zuverlässig handhabbar.

Wir setzen daher auf einen noch aktiveren Informationsaustausch zwischen den verantwortlichen Stellen. Wenn es darum geht, eine Straße schnell und flexibel absperren zu können, dann sind Polizei und Werkfeuerwehr dazu besser geeignet.

Es klingt, als würde man Abläufe schon anders handhaben, sofern erneut eine Katastrophe passiert, obwohl das Havariekonzept noch nicht verabschiedet wurde.

Heine: Wenn Ereignisse wie bei Polychem passieren, dann ist man hinterher immer schlauer als vorher. Der Betrieb hatte zum Beispiel keinen Vertrag mit unserer Securitas-Werkfeuerwehr.

Daher kam auch bei dem Brand die Feuerwehr der Stadt und nicht aus dem Chemiepark. Das war ein zusätzliches Risiko.

Das heißt, für die Unternehmen im Chemiepark es gibt jetzt eine Vertragspflicht in der Sache?

Heine: Ja.

Stichwort Kulturpalast. Das Gebäude steht leer, es droht der Abriss. Gibt es neue Entwicklungen?

Heine: Wir haben einen Diskussionsprozess über die Zukunft des Gebäudes angestoßen. Anfang 2017 wollen wir mit der Stadt oder auch interessierten Bürger das Gespräch fortführen. Bisher sind aber keine neuen Ideen für nachhaltige Nutzungskonzepte aufgetaucht.

Das heißt, der Abriss droht?

Heine: Die Gebäudesicherung kostet jährlich viel Geld. Außerdem wäre ein Verfall an solch einer exponierten Stelle in Bitterfeld nicht wünschenswert. Deshalb muss man darüber nachdenken dürfen, ob ein Abriss des Gebäudes und eine anderweitige Nutzung der freiwerdenden Fläche langfristig nicht die klügere Variante ist. (mz)

Patrice Heine, Geschäftsführer der Chemiepark Bitterfeld-Wolfen GmbH
Patrice Heine, Geschäftsführer der Chemiepark Bitterfeld-Wolfen GmbH
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