Ausstellung im Kreismuseum Ausstellung im Kreismuseum Bitterfeld: Die Vielfalt der Sitzmöbel

Bitterfeld - „Kommt das Glück, dann biete ihm rasch einen Stuhl an“ - das jedenfalls meint das gute alte Sprichwort. Klopfte es jetzt beim Kreismuseum an die Tür, wüsste es gar nicht, wo es sich niederlassen sollte. Dort kann es derzeit unter sage und schreibe 30 ganz verschiedenen Exemplaren wählen.
Der Magdeburger Sammler Andreas Mahlfeld hat einen Teil seines über 300 Stühle umfassenden Schatzes dem Kreismuseum in Bitterfeld für die aktuelle Ausstellung als Leihgaben bis 30. März überlassen.
„Es ist schwerer, einen guten Stuhl zu bauen als einen Wolkenkratzer“
„Alles sitzt - Stühle mit Funktion“ ist die Schau überschrieben. Und es ist gewaltig, was es da alles zu sehen gibt: vom hippen „Ei“ aus der DDR-Zeit, über den historischen Hochzeitsstuhl aus dem frühen 19. Jahrhundert, den medizinisch indizierten Faulenzer, den ausgeklügelten Melkschemel, die für ihre Zwecke sehr bequeme Voyeuse und viele weitere bis hin zum Kinderkrippen-Stuhl - einfach, praktisch, gut.
Man guckt, staunt und wundert sich. Tja, wer macht sich schon Gedanken über eine Sitzgelegenheit? Und doch: Da hat sich offenbar so mancher überlegt, wie ein Stuhl konstruiert sein sollte, um für einen speziellen Zweck (außer dem bloßen Dasitzen) zu dienen. „Es ist schwerer, einen guten Stuhl zu bauen als einen Wolkenkratzer“ - man ahnt, wie es Ludwig Mies van der Rohe, einer der bedeutendsten Architekten der Moderne, ging.
Große Begeisterung für Holz und Handwerk
Für Mahlfeld, den niedergelassenen Chirurgen, ist das Sammeln und Restaurieren der Stühle die schönste Freizeitbeschäftigung. „Wenn jemand Angelposen sammelt, kann man auch Stühle sammeln“, meint er und lacht. Da hat er Recht. Und das Sammeln in seinem Fall ist ja nicht nur das Anhäufen von Exponaten.
Mahlfeld, dessen Vater Tischler ist, der dem Sohn offenbar die Begeisterung für Holz und Handwerk vererbt hat, restauriert die alten Stücke auch. Denn die Exemplare, die in seine Sammlung kommen, stammen fast alle vom Sperrmüll.
Wie beispielsweise der Hochzeitsstuhl mit der neben den Familienwappen eingeschnitzten Jahreszahl 1836. Bunt bemalt, mit nur drei Beinen und kaputtem Sitz hat der Sammler ihn am Straßenrand quasi aufgegabelt. Entdeckt man den Stuhl heute in der Schau, sieht man ein wunderbares Stück, in dem sich Handwerk und Geschichte vereinen.
Den Anfang der Sammlung machten zwei Stühle vom Sperrmüll
Mit den 80er Jahren übrigens hat sich Mahlfeld zunächst eine Deadline gesetzt. Denn ein Stuhl aus dem Möbelhaus, der gehört nicht in seine Sammlung.
Zu dem Hobby ist der Liebhaber alter Möbel ganz zufällig gekommen: Bei der Auflösung einer Garage fanden sich zwei Stühle, die für die Kreissäge vorgesehen waren. Viel zu schade, befanden damals sein Vater und er. Die Stühle wurden restauriert und die ersten Exemplare der Sammlung. Die erste Ausstellung übrigens - noch nicht ausschließlich Stühle - schmückte Schloß Leitzkau. „Das war der Beginn, dass ich mich ernsthaft mit Stühlen beschäftigte“, sagt Mahlfeld, der selbst im Laufe der Jahre feststellte, wie umfangreich das Thema bearbeitet wird. „Da bin ich überhaupt kein Exot.“ Die Schau in Bitterfeld ist seine inzwischen 16. (mz)





