Aus dem Gerichtssaal Aus dem Gerichtssaal: Widersprüche und Versionen
Bitterfeld/MZ. - Mit den Beweisen an sich war es aber auch diesmal wieder so eine Sache. Denn was sich damals am 12. Februar 2001 auf dem Bernburger Marktplatz abgespielt haben soll, darüber existieren mittlerweile mehrere Versionen. Fest steht zwar, dass es ein Opfer mit nicht unerheblichen Verletzungen im Gesicht gegeben hat - wie es allerdings dazu kam, blieb auch diesmal unklar.
Es ist gegen 19 Uhr, als Angeklagter Silvio K. mit zwei Kumpels auf dem Markt ein Bier trinkt. Dann stößt das spätere Opfer hinzu, pöbelt die drei angeblich voll und bedroht schließlich K. mit einer zerschlagenen Bierflasche. Weil der Angst um sein Leben hat, wehrt er sich und schlägt zu. Nach der jetzigen Version jedenfalls räumt der 28-Jährige das ein. Damals wollte er von einer Schlägerei gar nichts mitbekommen haben, weil er "urinieren" musste.
Nun gut. Auch seine Freunde erzählen den Vorfall ähnlich, nur kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Worte zurecht gelegt sind. Bei Rückfragen allerdings treten dann auch mal Widersprüche auf. . .
Einig ist man sich, dass K.'s Schläge nur "eine Schelle" waren. Wo sich das heute 22-jährige Opfer dann aber die schweren Verletzungen zugezogen haben soll, wer weiß? Der junge Mann selbst wiederum will sich an vieles nicht mehr erinnern können, wegen des Alkohols, außerdem sei es zu lange her. . .
Aussagen im Polizeiprotokoll bewertet er mit "Worte im Mund umgedreht", dann widerspricht er sich erneut. Irgend wann begründet er sein Hin- und Herwinden auch mit Angst, weil ihm gedroht worden sei. Plötzlich ist er sich aber auch sicher: "Das mit den Schlägen, das war okay, aber dass die Polizei solche Wellen macht. . ." Und das sei doch jetzt auch erledigt, meint er zum Angeklagten hin, der dem natürlich zustimmt. . .
Wie gesagt: "Gelogen wurde genug." Für das Gericht sei es deshalb schwer, so Richter Grätz, "den Pfad zu finden, was hier wahr ist". In Abstimmung mit Staatsanwaltschaft und Verteidigung fällt deshalb die Entscheidung zu einem Täter-Opfer-Ausgleich. Das Verfahren wird für ein halbes Jahr vorläufig eingestellt. Zahlt der Angeklagte in diesem Zeitraum nachweisbar 250 Euro Schmerzensgeld an das Opfer, ist es ganz vom Tisch.