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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Wohnungssuche für Querschnittsgelähmten

Von Sylvia Czajka 18.01.2013, 11:51

Wolfen/MZ. - Rollt vor und zurück. Es geht nicht mehr auf und ab. Treppen sind für ihn unüberwindbar.

"Es ist schwer, sich damit abzufinden", sagt er. Noch vor einem Monat wohnte Familie Walter in einer Vier-Raum-Wohnung im Ring der Bauarbeiter in Wolfen - dritte Etage. Doch vom Selbstverständlichen hieß es Abschied nehmen. Eine behindertengerechte Wohnung musste gefunden werden. In seiner Not wandte sich Walter an die Bürgerinitiative (BI) gegen Mieterhöhungen in Wolfen-Nord. Und die half. "Nicht nur wir allein", ergänzt Thomas Krüger, "es waren viele Parteien involviert".

"Eigentlich sind wir ja wie Hund und Katze", sagt BI-Chef Krüger. Aber im Fall Walter haben BI und die Wolfener Wohnungs- und Baugesellschaft (WBG) sowie die Wohnungsgenossenschaft (WGW) an einem Strang gezogen. Am Ende stand dem Umzug der vierköpfigen Familie in die Wittener Straße nichts mehr entgegen. Zwei Zweiraumwohnungen wurden von der WBG zur Verfügung gestellt - vis à vis. Behindertengerecht, das bedeutet: barrierefrei, größere Türen für den Rollstuhl, Türöffner, entsprechende Sanitäranlagen. Ein Glücksfall?

Ein Gemeinschaftprojekt, meint Krüger. "Viel Arbeit, viele Gespräche." Die führten am Ende zum Erfolg. "Es geht doch", betont Krüger. "Wir sind froh, dass wir hier untergekommen sind", sagt Uwe Walter. Die Alternative? Die gab es sogar bei der Genossenschaft. Ein barrierefreie Vier-Raum-Wohnung in der Raguhner Schleife, informiert Sabine Barth.

Es ist übrigens die einzige in dieser Größenordnung von etwa 5 990 Wohnungen, die von der Genossenschaft in Wolfen, Bitterfeld und Sandersdorf betreut werden. Die vorgefertigte Plattenbauweise sei es, die den Umbau kaum ermögliche. Der sei dann natürlich sehr kostenintensiv. "Aber auch die Statik gibt es teilweise nicht her", informiert Sabine Barth.

Jeder könne schnell in die Situation kommen, mit einer Behinderung leben zu müssen, sagt Jürgen Voigt, Geschäftsführer der WBG. So wie bei den Walters. Da sei schnelle Hilfe gefragt. Natürlich sei es ein Unterschied, ob Wohnraum für einen Alleinstehenden gesucht wird oder für eine vierköpfige Familie.

Über drei behindertengerechte Einraum-, 48 Zweiraum- und acht Dreiraumwohnungen verfügt das Wohnungsunternehmen im Stadtgebiet Wolfen (4.104 insgesamt). "Im Fall Walter konnten wir helfen", so Voigt. Es wird jedoch eine Übergangslösung sein, blickt er in die Zukunft. "Aus wirtschaftlichen Gründen müssen wir uns von dem Objekt in der Wittener Straße trennen." Der Mietvertrag ist deshalb auf eineinhalb Jahre befristet. Bis dahin hofft Voigt, eine neue Wohnlösung für die Walters gefunden zu haben. Wichtig sei derzeit, dass die Familie erst mal zur Ruhe komme.

Innerhalb von 14 Tagen war alles geregelt. Erst wurden die Wohnungen ausgewählt, dann der Umzug erledigt. Inzwischen steht auch die Einrichtung . "Doch das ging eben gemeinsam", betont Thomas Krüger. Quasi von heute auf morgen.

Behindertengerechte Wohnungen im Landkreis Anhalt-Bitterfeld zu finden, sei in der Tat ein Problem, weiß Martin Kriebisch, Sozialamtsleiter des Kreises. Denn es gebe keine Meldepflicht für Vermieter. Zudem sei in Deutschland nicht klar geregelt, was behindertengerecht ist und was nicht. Eigentlich sollten alle Wohnungen barrierefrei sein, doch die Wirklichkeit sehe nun mal anders aus, bedauert Martin Kriebisch.