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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Sudanese soll nach acht Jahren abgeschoben werden

07.02.2013, 13:51

Friedersdorf/MZ. - "Es geht um Leben und Tod", sagt Mohamed Norain. Sein Cousin steht kurz vor der Abschiebung in den Sudan. Seit acht Jahren lebt Osman Tigani in Friedersdorf. Doch diese Woche hat die Polizei den 38-Jährigen in der Ausländerbehörde Bitterfeld festgenommen, als er seine Duldung verlängern wollte. Das Amtsgericht Bitterfeld entschied am Mittwoch die Abschiebungshaft. Tigani sitzt nun in der Justizvollzugsanstalt Dessau. Die Abschiebung war für Freitag 21 Uhr angesetzt. Sie wurde allerdings am Donnerstag kurzfristig gestoppt - offenbar aus Sicherheitsgründen. Man wolle Tigani auf dem Flug einen Begleiter zur Seite stellen, heißt es am Landgericht Dessau-Roßlau.

Zwei Anträge abgelehnt

Doch die Abschiebung sei "der sichere Tod, Osman wird dort nicht überleben", sagt dessen Cousin Norain. "Er hat sich regierungskritisch geäußert. Wenn er dort einreist, wird ihn der Geheimdienst finden. Noch immer herrscht Krieg, es werden Dörfer geplündert und Menschen umgebracht. "

Osman Tigani floh 2004 aus dem Kriegsgebiet Darfur nach Deutschland. "Er hat dort kein Zuhause mehr, einige aus seiner Familie wurden getötet, der Rest lebt im Land verstreut", sagt Norain, der Arzt an einem Mainzer Klinikum ist. Er sei mit Tigani aufgewachsen, habe ihn auch in der Gemeinschaftsunterkunft in Friedersdorf besucht. Zweimal stellte der Sudanese einen Antrag auf Asyl, der letzte wurde 2012 abgelehnt. Die Aufforderung zur Ausreise beziehungsweise eine Abschiebung ist eine rechtliche Folge. Tigani hatte bisher keine Papiere, er befand sich im Status einer sogenannten Duldung. Diese Papiere wurden jetzt beschafft, deshalb steht aus behördlicher Sicht einer Abschiebung nichts mehr im Weg.

Norain hat sich an die Flüchtlingsorganisation "Karawane Netzwerk" in Hamburg gewandt. Sie fordert mit einem Schreiben an das Innenministerium Sachsen-Anhalts, die Abschiebung zu stoppen. "Die südsudanische Gemeinde äußerte Empörung und scharfe Kritik. Selbst aus Großbritannien kamen Anrufe", sagt Ralf Lourenco vom Netzwerk. Man fürchte, dass Flüchtlinge aus dem Sudan sukzessive in die Heimat abgeschoben werden. "Seit der Teilung des Sudan 2011 meint man, die Situation habe sich entspannt. Mit dem Mann wird ein Exempel statuiert." Dabei sei die Situation katastrophaler als zuvor. "Die Teilung hat den Krieg und die Konflikte stärker angefacht und Darfur bleibt ein Ort des Schreckens."

Behörde verteidigt Entscheidung

Im Innenministerium sieht man keinen Grund zum Handeln. "Wir haben den Fall auf rechtliche Fehler geprüft. Die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, den Antrag abzuweisen, ist nicht zu beanstanden", sagt Klaus-Dieter Liebau, zuständig für Ausländerrecht. "Die Situation vor Ort wurde von der Ausländerbehörde und dem Auswärtigen Amt eingeschätzt und bei der Entscheidung berücksichtigt. Darauf verlassen wir uns, weil wir das nicht selbst beurteilen können." Derzeit leben 34 Flüchtlinge aus dem Sudan in Sachsen-Anhalt, so Liebau. Bei elf sei das Asylverfahren abgeschlossen. Ein Sudanese sei 2012 abgeschoben worden.

Dramatische Szenen bei der Vorbereitung zur Abschiebung haben sich Anfang Februar in Magdeburg abgespielt: Eine aus Armenien stammende Jesidin hat versucht, sich umzubringen, weil ihre sechsköpfige Familie abgeschoben werden sollte. Erst als die 32-jährige Frau in der Klinik versuchte, sich auch noch die Pulsadern aufzustechen, stoppten die Behörden die Aktion in letzter Minute. Ihr Mann und ihre Kinder kehrten nach Magdeburg zurück, die Abschiebung wurde vorerst ausgesetzt. Flüchtlingsorganisationen und Politiker haben das Vorgehen der Behörden scharf kritisiert.