Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Notdienst heißt nicht gleich bequeme Versorgung
BITTERFELD-WOLFEN/MZ. - Ein Notfall am Wochenende, der Arzt muss aufgesucht werden. Der Patient wird behandelt und bekommt zudem noch ein Rezept für Medikamente. Die will er jetzt natürlich gleich aus der Apotheke holen, damit schnell Linderung eintritt. Ein Blick in die Zeitung oder ein Anruf bei der Katastrophenleitstelle, und schon ist man darüber informiert, welche Apotheke Bereitschaft hat.
So erging es auch einem Mann aus Wolfen-Nord, der zum Augenarzt musste. Beim Nachschauen in der Zeitung jedoch, um besagten Bereitschaftsdienst zu erkunden, wurde sein Blick - der ohnehin gerade nicht der beste war - noch mehr getrübt: Zwar hatten zwei Apotheken Dienst, aber er hatte die Qual der Wahl nur zwischen Brehna und Gräfenhainichen. Die Nachbarin des Mannes erzählte das am MZ-Lesertelefon, weil es ihr schier unverständlich ist, dass man so weite Wege in Kauf nehmen muss.
"Von Wolfen nach Brehna und mit dem kranken Auge", sagte sie. "Haben wir nicht hier genügend Apotheken, dass wenigstens eine am Wochenende Dienst haben kann?"
Die MZ wandte sich mit dieser Frage an die Apothekerkammer Sachsen-Anhalt in Magdeburg, die für die Bestätigung der Dienste zuständig ist. Geschäftsführerin Christine Heinrich gab bereitwillig Auskunft. Sie könne verstehen, sagte sie, dass diese Frage auftritt. Jedoch handele es sich bei dem Bereitschaftsdienst - ob nun am Wochenende oder wochentags in der Nacht - um einen Notdienst. Der könne natürlich nicht so wie die normale reguläre Versorgung abgedeckt werden.
"Immer neue gesetzliche Regelungen führen leider auch in unserem Bereich zu solchen Einschränkungen", erklärte die promovierte Apothekerin. Für die zu absolvierenden Dienste erhalten die Apothekenbesitzer keine Vergütung, sie verdienen quasi nur dann, wenn auch wirklich ein Rezept eingelöst wird. Und das sei in den letzten Jahren immer seltener der Fall während der Notbereitschaft. "In der Woche kommen kaum noch Patienten, am Wochenende einige."
Übernimmt der Chef den Dienst selbst, dann ist es seine eigene Freizeit (und fehlende Schlafenszeit), die er aufbringt. Absolviert einer seiner Angestellten die Bereitschaft, muss er ihn natürlich vergüten und / oder ihm dafür Freizeit gewähren.
Um die Dienste insgesamt so effektiv wie möglich zu gestalten, gibt es Versorgungsbereiche. Bitterfeld-Wolfen ist jenem zugeordnet, zu dem auch Holzweißig, Muldenstein, Jeßnitz, Raguhn, Roitzsch, Brehna, Sandersdorf, Zörbig, Gräfenhainichen, Zschornewitz und Friedersdorf gehören. "Das sind Entfernungen, die für einen Notdienst akzeptabel sind", betont Christine Heinrich. Unbedingt bequem natürlich nicht, gibt sie zu.
"Letztlich müssen wir versuchen, den Spagat zu schaffen: zum einen berücksichtigen, dass die Bürger auch am Wochenende oder an Feiertagen ihre Arzneimittel bekommen und auf der anderen Seite die Interessen der Apotheker vertreten, um ihre Belastungen in vertretbaren Grenzen zu halten."