Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Kein Mangel an Angeboten
BITTERFELD/MZ. - Die ersten Tage sind ganz schön happig gewesen. Jennifer Dienemann schüttelt lachend den Kopf. "Was man so alles wissen kann über Pferde..." Sie hat es gelernt - in kurzer Zeit. Denn sie will diese Arbeit. Pferdepfleger wird auf der Befähigung stehen, die sie nach einem Jahr in den Händen halten wird.
Vor wenigen Wochen hat die 24-Jährige, die Tierwirtin ist und nach der Ausbildung nicht übernommen wurde, die Chance, die ihr die Komba (Jobcenter - Kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts für Beschäftigung und Arbeit des Landkreises) mit einem Bildungsgutschein bot, genutzt. "Da habe ich nach drei Jahren arbeitslos nicht lange überlegt, mit Tieren wollte ich schon arbeiten", sagt sie. Jetzt steht sie mit anderen im Frühnebel auf dem Hof des imposanten Landgestüts in Prussendorf. Jetzt geht es erstmal nicht in den Stall - die Wege müssen gekehrt werden.
Jennifer Dienemann gehört zu den 14 Frauen und Männern, die die Komba zum Landgestüt vermittelt hat. Pferdepfleger sollen sie alle werden. Ein Beruf, der Zukunft hat, wie Friederike Gippert sagt. Sie muss es wissen, sie ist Bereichsleiterin im Institut für Berufsbildung und Umschulung Neustadt / Glewe, dort also, wo Pferde zum Alltag gehören. Jede Woche kommt sie nach Prussendorf, erkundigt sich, wie sich die Umschüler in ihrer neuen Ausbildung so machen. "Der Beruf ist gefragt", sagt sie, "wir haben sogar Wartelisten für die Betriebe." Die Vermittlungsrate liegt bei 80 Prozent.
Das ist für die Komba das Signal gewesen, hier eine Weiterbildung zum Pferdepfleger über den so genannten Bildungsgutschein anzubieten. "Bildungsgutschein-Maßnahmen kann jeder Arbeitslose nutzen - es sei denn, er hat bereits einen auf dem Markt gefragten Beruf", erklärt Bärbel Wohmann, Vorstand der Komba. Vermittler aus dem Bereich Markt und Integration versuchen, die Forderungen des Arbeitsmarktes mit den Fähigkeiten der Arbeitssuchenden in Übereinstimmung zu bringen. "Die Bürger können dann selbst entscheiden, wo sie den Bildungsgutschein einlösen", sagt Hubert Otte, der selbst Vermittler ist. "Die Komba bietet auch die Möglichkeit an, den Hauptschulabschluss nachzumachen. Wir wünschen uns allerdings, dass das Angebot mehr genutzt wird. Und wenn sich die von uns Betreuten den Anforderungen des Arbeitsmarktes stellen, dann geht es auch schnell, dass sie vermittelt werden."
Der Markt ist offen. Das kann man in der Komba sehen: Auf allen Fluren informieren Inserate über freie Stellen. Schwerpunkte sind Metallverarbeitung, Bau, Chemie, Pflege, Kraftfahrer. Doch nicht jeder will. Dieses Problem beschäftigt die Komba-Mitarbeiter nach wie vor. Bei Jobs mit sehr niedrigen Stundenlöhnen hält sich bei manchem der Anreiz, arbeiten zu gehen, in Grenzen. Und bei anderen, hat Otte festgestellt, stimmten die persönlichen Rahmenbedingungen nicht. Dann kümmern sich so genannte Fallmanager der Komba um die Leute. "Unser Ziel ist es", so Bärbel Wohmann, "für jeden etwas zu finden." Das wäre das Ideal.
Otte ist es wichtig, das deutlich zu sagen: "Hartz IV ist nicht gleich Hartz IV." Damit meint er vor allem seine Leute auf dem Landgestüt. Die Arbeit verlangt ihnen einiges ab. Peggy Krämer sagt: "Aber man hat 'ne Arbeit. Dann kann man sich auch mal was leisten. Weihnachten steht vor der Tür", meint sie mit Blick auf ihre fünfköpfige Familie. Auch die 27-Jährige hat die Chance genutzt. "Ich will jetzt was Festes, was in der Hand haben", sagt die junge Frau, die nach der Schule keine Lehre begonnen hat. Auch sie hatte Träume: Friseurin oder Altenpflegerin. "Nie hat es geklappt." Sie stützt sich auf die Schaufel. "Aber das hier, das ist es."
408 Frauen und Männer aus Bitterfeld-Wolfen sind derzeit in Qualifizierungsmaßnahmen für den ersten Arbeitsmarkt, die das Jobcenter anbietet. Mit Freude stellt Bärbel Wohmann fest, dass von der Komba immer weniger Leute betreut werden müssen: Waren es beispielsweise im Mai noch knapp 9 000, sind es im September wenig über 8 000 gewesen, im Oktober lag die Zahl sogar darunter. Und was man noch vor Jahren kaum zu denken wagte, ist jetzt eingetroffen. "Wir haben massiv freie Stellen", sagt sie, "Umschulung, Bildungsgutschein und auch einige der 530 Plätze in der Bürgerarbeit in der Region um Bitterfeld-Wolfen stehen zur Verfügung." Im September konnten von den Bürgerarbeitsplätzen 374 besetzt werden. "Unser Wunsch ist natürlich, dass die dauerhaft besetzt bleiben."
Das wünschen sich auch Jennifer Dienemann, Peggy Krämer und Lars Lippmann. "Ich will's probieren, ob es klappt. Ich wollte aus der Arbeitslosigkeit raus, ich will was leisten", sagt der 39-jährige Lippmann, der immerhin eine siebenköpfige Familie zu Hause hat. "Egal, was für eine Arbeit es ist." Nach den ersten Tagen ist Wilken Treu, kaufmännischer Leiter des Landgestüts, auch ganz zufrieden.