Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Kaufmann findet Weg zurück
ZÖRBIG/MZ. - Dem Anlass angemessen, fand am Dienstag im Fürstenzimmer des Zörbiger Heimatmuseums eine Schenkung statt. Denn der Niederlassungsleiter der Bitterfelder Fielmann-Filiale hatte zwei Gemälde dabei, die im zeitgenössischen Rahmen den in Zörbig bekannten Fabrikanten Christian Gottlieb Jäger (1763 bis 1830) und dessen Ehefrau Dorothea Jäger, geborene Preschel, darstellen. "Bisher hatten wir in unserem Besitz nur zwei Porträt-Lithographien, die nach den Öl-Porträts gearbeitet sind." Gabi Hecht, die Leiterin des Zörbiger Heimatvereins, kann ihre Freude kaum in Worte fassen. "Als ich den Anruf bekam, dass wir diese beiden Originale, die neu aufgearbeitet worden sind, geschenkt bekommen, bin ich fast aus allen Wolken gefallen", sagt die Vereinschefin rückblickend. "Das ist unsere erste Schenkung. Bisher mussten wir uns alles über lange Jahre ersparen", sagte sie voller Freude über das unerwartete Geschenk, das laut Jahny keine Eintragsfliege bleiben werde. "Das Zörbiger Museum ist mit sofortiger Wirkung in die Förderung der Fielmann AG aufgenommen", hob der Filialleiter unter dem Beifall der Gäste hervor. Und es gibt auch schon eine feste Zusage, ein Gemälde, das in der evangelischen Kirche von Zörbig hängt, zu restaurieren.
Wie die Gemälde des Ehepaares Jäger in eine Auktion kamen, wo sie der Kulturhistoriker Jürgen Ostwald, der die Museumsförderung der Fielmann AG leitet, entdeckte, sei nicht überliefert, sagte er während der Veranstaltung am Dienstag. Wahrscheinlich, meinte er, waren sie über die Jahrhunderte in Familienbesitz. Doch er sei sofort hellhörig geworden, als er mitbekam, dass es sich um Porträts handelt, die in Verbindung mit der im Jubiläumsjahr befindlichen Kleinstadt Zörbig stehen. Vor drei Jahren habe der in Schleswig-Holstein lebende noch nicht einmal gewusst, wo Zörbig liegt. Doch nach ersten Kontakten im Jahre 2009 sei er da schon etwas schlauer, sagte er mit einem hintergründigen Lächeln.
Die beiden Gemälde, so die Erklärung des Historikers, habe der seinerzeit wichtigste Porträtmaler, der Leipziger Direktor der Kunstakademie Hans Veit Schnorr von Carolsfeld (1764 bis 1841), Vater des bekannten Nazareners Julius Schnorr von Carolsfeld, geschaffen. Und zur Bedeutung der Porträts sagte er weiter, dass die Familie Jäger die Grundlage für die Industrialisierung in Zörbig geschaffen habe.
Und aus den Reihen der anwesenden Heimatvereinsmitglieder hieß es, dass in der Jäger'schen Fabrik damals schon 50 Personen beschäftigt waren, somit auch das Handwerk in den Vordergrund rückte. Und die Vereinschefin wusste ebenfalls zu berichten, dass das Haus der Familie Jäger noch heute am Leipziger Teich stehe.
Auch in der Festschrift zum 1050-jährigen Jubiläum der Stadt, das vom 27. Mai bis zum 5. Juni groß gefeiert wird, sei vermerkt, so Bürgermeister Rolf Sonnenberger, dass der Kaufmann und Rittergutsbesitzer Christian Gottlieb Jäger 1801 ein Grundstück am Nordostufer des Leipziger Teiches erworben habe und dort von 1802 bis 1824 eine Tabakfabrik, die damals größte ihrer Art in Sachsen, betrieben hat. Es sei das erste Industrieunternehmen in der Stadt und außerhalb der Stadtmauer gewesen.
Der Kommune hinterließ Christian Gottlieb Jäger eine Stiftung. Die Fabrik war für Zörbig deshalb so wichtig, hieß es, weil Kleinbauern Tabak pflanzten, den sie nun vor Ort absetzten konnten. Christian Gottlieb Jäger verschönte durch Baumaßnahmen sein Besitztum und nannte den Hof aus Vorliebe für den Namen seiner Frau und den Zweitnamen seiner zehn Töchter "Dorotheenhof". Über der Hausfront befanden sich bis 1968 eine liegende Terrakotta-Gestalt und die Inschrift "Dorotheenhof" - nicht zu verwechseln mit dem Neubau des gleichnamigen Hotels gegenüber.