Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Ein Haus nur für die Jugend
BITTERFELD/MZ. - Nicole Steurer kennt sich aus: Die 13-Jährige ist ein regelrechter "Linde"-Fan. Seit sie fünf Jahre alt ist, sagt sie, geht sie in den Bitterfelder Jugendclub. "Club Linde macht Spaß", sagt das kesse Mädchen, "da ist immer was, was man machen kann." Umso blöder fand sie dann, dass gerade ihr Club weggerissen werden sollte. Den Schreck hat sie überstanden - und etwas ganz neues, helles, schönes dafür bekommen: Am Mittwoch hat sie mit ihren Freundinnen die ersten Blicke in den neuen Linde-Club in der Dessauer Straße geworfen. Und sie ist erstaunt, das gibt sie zu.
Das unter Denkmalschutz stehende rote Eckhaus, das die Nummer 79 trägt, ist ein Blickfang. Knapp eine Million Euro hat die Neue Bitterfelder Wohnungs- und Baugesellschaft (Neubi) in die Sanierung des seit Jahren leer stehenden Gebäudes investiert. "Ursprünglich sollte es ein Senioren-Haus werden", sagt Neubi-Chefin Birgit Wilonek. "Das Konzept ging nicht auf. Jetzt ist es ein Jugend-Haus. Und das ist umso schöner, weil wir so einen Beitrag leisten, die jungen Leute hier zu verwurzeln." Träger ist der Verein Mitnähe, der in der Region soziale Projekte wie das Haus der Alltagsbewältigung und ein Familienbegegnungszentrum betreibt. "Da passt der Club gut zu uns. Ich freue mich, dass die Stadt den loswerden wollte", meint Vereins-Projektleiterin Gisela Mosinski lächelnd und mit einem Augenzwinkern, "da haben wir mal ganz schnell zugeschlagen."
Der eigentliche Clou aber ist das Gesamtkonzept für das Haus. Und zu dem gehören außer dem Club Wohnungen für Jugendliche, die hier und da noch die Obhut des Vereins brauchen. Diese Wohnungen entstehen jetzt nach und nach in den oberen Etagen. Damit soll ein Konzept greifen, das die Selbständigkeit junger Leute fördert. "Mit dem Angebot wollen wir Bedingungen schaffen, die sie manchmal zu Hause nicht finden, die sie aber für eine gesunde Entwicklung brauchen", erklärt Bernd Berger, Vorsitzender des Vereins Mitnähe. "So sollen sie vor allem beruflich ihren Weg finden und gehen können. Wir wollen ihr Partner sein, ihnen auch bei der Klärung von Alltagsproblemen helfen. Unser Slogan ist ja: Wir wollen denen nahe sein, die die Hilfe und Unterstützung der Gesellschaft brauchen."
Carina Schmökel, Cathleen Burgahn und Melanie Kietz wissen, wie das gemeint ist. Die drei jungen Frauen sind derzeit in einem Projekt im Haus der Alltagshilfe beschäftigt. "Das ist richtig gut im Verein", sagt Carina. "Wir durchlaufen dort Küche, Büro, Verwaltung, Garten und so. Man lernt ja überall was." Sinn ist es letztlich, fit zu werden für den Arbeitsmarkt. Jetzt aber sind sie erstmal stolz auf das, was sie hier geschafft haben. "Wir haben dies und das aufgebaut - den Tresen zum Beispiel mit aufgearbeitet, sauber gemacht. Es ist schön geworden", findet sie.
Das findet auch Staatssekretärin Beate Bröcker. "Heute stehen bei den kommunalen Finanzen die Zeichen eher auf Einsparung. Und hier wird ein richtiges Zeichen gesetzt", sagt sie mit Blick auf die Demographie: Werden derzeit rund 17 000 Kinder in Sachsen-Anhalt geboren, so Bröcker, werden es 2025 nur noch 9 000 sein. "Wir brauchen die Jugend in unserem Land." Von gegenüber sind Dieter und Christel Bauerschäfer gekommen. "Wir wollen mal gucken, was hier geworden ist", sagt Christel Bauerschäfer. "Es ist gut, wenn das Haus mit jungen Leuten belebt ist."