Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: Altes Unikum zieht durch die Straßen
JESSNITZ/MZ. - Etwas mulmig ist vielen Jeßnitzern schon: Der 14. August ist nicht mehr weit. Und dieses Datum werden die meisten Leute hier wohl nie vergessen. Denn am 14. August vor acht Jahren kam das Hochwasser nach Jeßnitz. Immens waren die Schäden, die die Jahrhundertflut 2002 sowohl hier als danach auch in Raguhn und Teilen von Bitterfeld hinterlassen hat. Und wenn die damals Betroffenen die jetzige Situation an der Neiße beobachten, dann ist die Erinnerung daran plötzlich wieder ganz nah.
Dennoch oder gerade deshalb wird am kommenden 14. August in Jeßnitz gefeiert. Schon Freitag beginnt hier im Park der Grundschule in der Langen Straße das dritte Heimatfest, das deshalb unter dem Motto steht: "Aller juhten Dinge sin dreie" - um es mal im echten Jeßnitzer Dialekt auszudrücken. Ganz ernst genommen werden sollte das Motto allerdings nicht, denn die Tradition dieses Festes soll auch in den nächsten Jahren fortgesetzt werden. Und das aus gutem Grund, wie Olaf Luther als Vorsitzender des Heimatvereins betont.
"Das Fest soll immer wieder an die Flut damals erinnern", erklärt er. "Nicht unbedingt an das Hochwasser selbst, das uns so viel Leid gebracht hat. Aber die Zeit danach, beim Aufräumen und Wiederaufbau hat gezeigt, was man in der Gemeinschaft alles erreichen kann mit Hilfsbereitschaft und Solidarität." Das sei auch der Grund für den Verein gewesen, im August 2007 - genau fünf Jahre nach der Flut -, das erste Heimatfest aus der Taufe zu heben. "Um jetzt jedes Jahr erneut zu zeigen, was man gemeinsam und mit der Unterstützung vieler Helfer schaffen und auf die Beine stellen kann", so der Vereinschef.
Seitdem also findet das Fest jedes Jahr um diese Zeit statt - unterbrochen wurde der Reigen nur im vergangenen Jahr, als Jeßnitz die 750-Jahrfeier beging. Da wollte der Heimatverein nicht konkurrieren mit den zahlreichen Feierlichkeiten zu diesem Jubiläum, sondern hat sich dort mit eingebracht und mit dazu beigetragen, dass es zum unvergesslichen Erlebnis wurde.
Dass auch das dritte Heimatfest am kommenden Wochenende solche bleibenden Eindrücke hinterlässt, das hoffen die Vereinsmitglieder um Olaf Luther natürlich sehr. Doch sie können zuversichtlich sein: "Wir waren wirklich überaus überrascht, wie viele Leute auch diesmal schon ganz früh Hilfe und Unterstützung zugesagt und letztlich auch geleistet haben", zeigt sich der Vorsitzende noch ganz begeistert. Ob Vereine, Privatleute oder Firmen - die Resonanz sei enorm gewesen. Doch ohne diese vielen Freiwilligen, fügt er sofort hinzu, sei das Ganze auch kaum zu stemmen. Immerhin besteht der Verein aus nur 17 Leuten, der Großteil davon ist schon im Rentenalter. Doch jeder kenne seine Aufgaben, und als große Gemeinschaft habe man es schließlich wieder geschafft - wie damals nach der Flut.
Dass es dabei in jedem Jahr eine Steigerung beziehungsweise einige Neuerungen gibt, verstehen die Initiatoren quasi als Herausforderung. Deshalb sind diesmal neben vielen Programmpunkten auch noch ein paar Besonderheiten geplant. So wird der alte Stadtschreier "Eibold" - ein echtes Unikum von Jeßnitz - in persona von Hans-Joachim Roye schon am Donnerstag und am Freitag mit dem Fahrrad durch die Straßen ziehen, um lautstark auf das Fest aufmerksam machen. Natürlich im besagten Jeßnitzer Dialekt, der für manch' anderen manchmal nur schwer verständlich ist.
Interessant zu erfahren sein dürfte auch, was sich hinter der "Jessenser Spiddelbriehe" verbirgt, die am Wochenende als Premiere auf den Markt kommen soll. Eine eigene Kreation des Heimatvereins, wie Olaf Luther versichert und auch noch verrät, dass es eine Art Medizin ist, die man für einen kleinen Obolus haben kann. "Um die Belastungen an den drei Tagen in Grenzen zu halten", fügt er mit einem Augenzwinkern hinzu.
Für die Jüngsten gibt es unter anderem Kinderschminken, Knüppelkuchen und Hüpfburg. Die Feuerwehr sichert das Feuerwerk ab, die Wasserwehr stellt ihre Technik vor, und für die Wettkämpfe in der Turnhalle hat der Heimatverein sogar Urkunden entworfen und drucken lassen. Auch hier ist der alte "Eibold" wieder mit von der Partie. Nun wünschen sich die Organisatoren nur noch, dass auch Petrus ein Einsehen hat.