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Anhalt-Bitterfeld Anhalt-Bitterfeld: 18 Jahre lang in die Heimat gependelt

Von SILKE UNGEFROREN 28.01.2011, 17:28

BOBBAU/MZ. - "Ich hatte zwar noch keinen Schreibtisch und keine Sekretärin, aber eine eigene Firma", sagt Lutz Blaschke. Am 18. Januar 1991 war es, als er die Blaschke Bau GmbH offiziell aus der Taufe hob. In der Bobbauer Dorfstraße war das, wo das Unternehmen nach 20 Jahren Bestehen noch immer seinen Sitz hat. Allerdings nicht mehr im gleichen Objekt im Haus Nummer 19, sondern in der 8. Doch es ist noch viel mehr passiert in den vergangenen zwei Jahrzehnten als dieser Standortwechsel. Und nicht ohne Stolz blickt der Geschäftsführer auf diese Zeit zurück - mit all ihren Höhen und Tiefen.

Dass der studierte Bauingenieur den Weg in die Selbstständigkeit wagte, war zum größten Teil dem politischen Umbruch im Lande geschuldet. Geboren in Bitterfeld und aufgewachsen in Pouch und Wolfen, kam der damals 25-Jährige nach dem Studium an der Technischen Universität in Dresden in die Heimat zurück. Denn für jene, die über seinen Einsatz befanden, war klar, wohin er geht: in die Filmfabrik natürlich.

Obwohl der junge Mann selbst zu dieser Zeit eigentlich ganz andere Vorstellungen hatte, konnte er sich schnell damit arrangieren - und machte seinen Weg in einem der größten Industriebetriebe der Region und sogar der ganzen DDR. Zuerst als Betriebsingenieur und bald schon im Bereich Ferien- und Sozialwesen - hier war er zuständig für die Urlauberobjekte und Schulungszentren. Da hat er viele Erfahrungen gesammelt und gelernt, Leute anzuleiten und Verantwortung für sie zu übernehmen.

Doch dann kam der Wendeherbst 1989 - und damit eine Wende auch bei ihm. "Als abzusehen war, was hier mit den Arbeitsplätzen passiert, habe ich mich entschieden, in die alten Bundesländer zu gehen", sagt Lutz Blaschke. Bald darauf schon fand er einen Job bei einer Baufirma in Niedersachsen - und mit ihm auch einige seiner ehemaligen Kollegen.

Im Juni 1990 kam dann endlich auch seine Familie von Wolfen in das idyllische Harzörtchen, wo Lutz Blaschke mit seiner Frau Regina und den beiden Töchtern schnell eine neue Heimat fand. "Doch manchmal kommt eben alles anders, als man denkt", resümiert der heute 54-Jährige. "Schnell wurde mir nämlich auch klar: Im Osten beginnt jetzt der Bauboom, und irgendwann siegte bei mir der Wille, daran mitwirken zu wollen." Doch da hatte der ranklotzende Mann seine Rechnung ohne die Familie gemacht: Die war in den wenigen Monaten heimisch geworden in der neuen Umgebung und wollte nun auch nicht mehr zurück.

Also ging Lutz Blaschke allein - und pendelte fortan Woche für Woche zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. 18 Jahre lang. "Das hatte Vor- und Nachteile", denkt er zurück. "Ich hatte zwar den Kopf frei für meine Firma, doch die Familie kam etwas kurz. Aber hinter jedem starken Unternehmer steht eine noch viel stärkere Frau, sonst wäre solch eine Situation gar nicht zu bewältigen."

Seit bald drei Jahren wohnt das Ehepaar wieder hier in der Region, hat sich in Mühlbeck ein neues Zuhause geschaffen - die Kinder sind groß und haben ihr eigenes Leben.

Beruflich indes ging es in den ersten Jahren flink voran. Nachdem er das Gebäude in der Dorfstraße 19 gemietet hatte, kaufte er ein altes Bauerngehöft wenige Meter weiter - und riss das meiste davon erst einmal weg, um einen neuen Firmensitz zu errichten. 1994 konnte der Umzug in dieses Domizil erfolgen, wo der Betrieb noch heute sesshaft ist. 15 Mitarbeiter zählte die GmbH kurz nach ihrer Gründung, doch diese Zahl stieg in den neunziger Jahren ständig - ebenso wie Umsatz und Ergebnis. Bis zu 80 Leute konnte Blaschke in seinen Hoch-Zeiten beschäftigen. "Schließlich gab es ja auch genug zu tun."

Da waren zum einen die umfangreichen Reparaturen und Modernisierungen vor allem in und an den Neubaubaublöcken von Wolfen-Nord, wozu auch die Fassadengestaltung gehörte. "Viele der Blöcke stehen heute schon nicht mehr", so Blaschke. "Daran kann man sehen, wie schnell die Entwicklung voran geht." Ende der neunziger Jahre packte er gemeinsam mit der Stadt Wolfen das große Projekt Wohngebiet Reuden an, in dem seitdem auf 8,5 Hektar rund 140 Grundstücke verkauft wurden. Und die, die noch frei sind, kann man an zwei Händen abzählen.

"Wenige Jahre später jedoch war Ebbe", sagt der Bauexperte. "Ab 2002 etwa kam der Einbruch, das ging dann schon fast an die Substanz." Baubetriebe waren wie Pilze aus dem Boden geschossen, der Bedarf an Modernisierungen zudem gesunken. "Ich hatte am Ende nur noch 20 Leute in der Firma, mehr ging nicht." Doch die Zeiten änderten sich wieder, vor allem der Wunsch nach den eigenen vier Wänden stieg rapide an. Das ist auch heute noch einer der Schwerpunkte der Blaschke Bau GmbH. "Und da wollen wir nach wie vor Qualität liefern", sagt der Chef, worin er einen wichtigen Aspekt dafür sieht, "überlebt" zu haben. "Wir gehören zur Region, sitzen vor Ort, und wer ein Problem hat, steht gleich vor meinem Schreibtisch - was er auch soll, damit man es schnellstens beheben kann."

Viel vor hat Blaschke noch. Am Bitterfelder Ratswall baut er zur Zeit Eigentumswohnungen. Einige Objekte gibt es auch in der Gemeinde Muldestausee. Und etablieren will er sich ebenso im Hotelressort am Eingang zur Halbinsel Pouch.

Dennoch denkt er auch schon an die fernere Zukunft - nicht nur an die eigene. Da seine Töchter und Schwiegersöhne in völlig anderen Metiers berufliche Erfüllung gefunden haben, kommt eine Übernahme des Betriebes innerhalb der Familie kaum in Frage. Deshalb hat er 2007 seinen Kollegen Ingo Mikolajzak zu seinem Mitgesellschafter und -geschäftsführer berufen. "Das gibt auch den anderen mehr Sicherheit, wenn sie wissen, es geht auch nach meiner Pension weiter."