CDU-Kandidat zur Landratswahl in Anhalt-Bitterfeld Andy Grabner will als Landrat den Dienstleistungscharakter der Verwaltung stärken
Er setzt auf Wirtschaftsentwicklung, Familienfreundlichkeit und starke Kommunen.

Sandersdorf - Manch’ einschneidende Veränderung kommt überraschend. Im Sommer 2020 dreht sich Andy Grabners Welt noch wie gewohnt. Seit über zehn Jahren ist das CDU-Mitglied Bürgermeister von Sandersdorf-Brehna, nichts deutet darauf hin, dass Graber nach dem überwältigenden Wahlerfolg von 2015 seine zweite Amtszeit nicht normal zu Ende bringen wird. „Hier gehöre ich hin“, hatte er 2015 gesagt.
Doch dann will Landrat Uwe Schulze (CDU) plötzlich nicht mehr Landrat sein. Auch als Parteikollegen seinen Bundestagstraum platzen lassen, macht Schulze keinen Rücktritt vom Rücktritt - und die CDU braucht einen neuen Kandidaten. Wieso wirft Grabner seinen Hut in den Ring? „Reizvoll war der Gedanke schon immer“, sagt er. Den Landtag dagegen habe er sich nicht vorstellen können. „Da bin ich einer von vielen, kann nicht wirklich gestalten.“ Das aber will er.
Er lernte die Verwaltungsarbeit von der Pike auf: schloss das Studium 1997 als Diplomverwaltungswirt ab
Grabner hat sich sein Macher-Image über Jahre erarbeitet und offenbar die richtigen Mitstreiter für seine Erfolgsstory. Er lernte die Verwaltungsarbeit von der Pike auf: schloss das Studium 1997 als Diplomverwaltungswirt ab, wurde Hauptamtsleiter, stellvertretender Bürgermeister und 2008 Bürgermeister von Sandersdorf, ein Jahr später von Sandersdorf-Brehna.
Das ist Heimat für den 1974 in Carlsfeld/Brehna geborenen Grabner, der in Ramsin und Sandersdorf aufgewachsen ist. Für viele Einwohner ist er „einer von uns“. Und der will seine Stadt voranbringen. Sein Fazit: „Wir haben hier etwas bewegt.“ Familie, Wirtschaft, Sport sind die Schlagworte. „Wir sind zur familienfreundlichen Zuzugsgemeinde geworden, haben eine positive demografische Entwicklung, konnten viele Industrieansiedlungen umsetzen.“ Er sehe die Stadt in ruhigem Fahrwasser. Deshalb nutze er nun die Chance, auf Kreisebene was zu bewegen.
„Ich hätte gern die Früchte dessen geerntet, was wir gesät haben. Aber der Reiz, dem Landkreis eine Handschrift zu verpassen, ist größer.“
Allerdings würde er das nicht versuchen, stünde die Familie nicht zu 100 Prozent hinter ihm. Die Entscheidung traf er gemeinsam mit seiner Frau und den beiden Söhnen. Am Zeitaufwand werde sich ja wenig ändern, schon jetzt ende der Tag erst 22, 23 Uhr. Dennoch sieht er die Entscheidung mit einem weinenden und einem lachenden Auge. „Ich hätte gern die Früchte dessen geerntet, was wir gesät haben. Aber der Reiz, dem Landkreis eine Handschrift zu verpassen, ist größer.“ Doch wie sieht die aus? Was ist sein Ziel? „Den Landkreis zu vereinen. In den Köpfen vieler sind das noch drei separate Kreise.“
Für Grabner geht das schon im Kreistag los, dem er seit 2007 angehört. „Wenn wir es dort nicht schaffen, eine Einheit zu bilden, wie können wir das von den Bürgern erwarten?“ Grabner kennt die Verwaltungsarbeit ebenso wie das politische Agieren, hat einen Draht zum Bürger, aber auch ein Netzwerk bis in die Landespolitik.
Die Wirtschaftsförderung soll ausgebaut werden, beispielsweise durch drei Wirtschaftslotsen für die Gebiete Bitterfeld, Köthen und Zerbst
Würde mit ihm als Landrat also alles anders? „Es wird kein ’Alles anders’, aber auch kein ’Weiter so’“, sagt er. Viele Weichen seien gut gestellt, in anderen Bereichen sei ein Kurswechsel nötig. Großes Potenzial sehe er beim Dienstleistungscharakter der Verwaltung für Bürger und Unternehmen. So sollen mehr Angelegenheiten online zu erledigen sein.
Ein Schwerpunkt würde die wirtschaftliche Entwicklung. „Im Raum Bitterfeld haben wir gezeigt, dass wir das können.“ Gerade werde in Köthen ein großes Gewerbegebiet entwickelt. Deshalb sei auch die Weiterführung der B6n an die Autobahn, aber auch über Thurland hinaus wichtig.
Die Wirtschaftsförderung soll ausgebaut werden, beispielsweise durch drei Wirtschaftslotsen für die Gebiete Bitterfeld, Köthen und Zerbst, damit sich die Unternehmen auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Es gehe letztlich darum, das Potenzial jeder Kommune herauszustellen. Da biete auch Marketing Chancen: „Wir sind gut aufgestellt als Landkreis, verkaufen uns aber nicht gut genug.“
Letztlich sei der Kreis nur so stark wie seine Kommunen
Ein weiteres Thema: Familienfreundlichkeit. Die führe zu Zuzug, der wiederum eine größere Auswahl an Beschäftigten biete. Der Landkreis habe gewisse Möglichkeiten über die Kreisumlage. „Wir brauchen aber eine Förderrichtlinie, um Geld zu vergeben.“
Dass zum Beispiel jene Kitas gefördert werden, wo neue Plätze entstehen. Letztlich sei der Kreis nur so stark wie seine Kommunen. „Die brauchen Luft zum Atmen.“ Deshalb müsse das Land für eine ausreichende Finanzierung sorgen. Das gehe bei der Förderpolitik los, die viel zu bürokratisch sei und vor Ort zu wenig Entscheidungsfreiheit lasse.
„Es kann nur einen Kapitän geben, aber der braucht Offiziere, mit denen er das Schiff auf Kurs bringt“
Allein kann er das nicht schaffen. „Es kann nur einen Kapitän geben, aber der braucht Offiziere, mit denen er das Schiff auf Kurs bringt.“ Als Landrat müsse man eine Vision haben, euphorisch sein, die Mitspieler begeistern. „Ich bin nicht so schlecht als Motivator.“ Die Kraft dafür holt sich der 46-Jährige in der Familie, die sein Ruhepol ist, aber auch bei der Gartenarbeit. Obst und Gemüse wachsen da. Nachhaltigkeit sei auch bei der Ernährung wichtig. „Wir haben nur diese eine Welt.
Mit der müssen wir pfleglich umgehen“, sagt Grabner, der sich als sehr kritisches CDU-Mitglied bezeichnet. Dass ihm Sport wichtig ist, sieht man: Radfahren, Fußball bei den Alten Herren, wenn die Zeit es erlaubt, ein bisschen Fitness. Aber auch die Arbeit in der Feuerwehr hält ihn auf Trab. Im Urlaub entspannt die Familie in Österreich, beim Skifahren oder an der Ostsee. Musicals oder die Vorstellungen vom Cirque du Soleil besucht er nicht nur seiner Frau zuliebe. Und beim Runterkommen hilft Musik von Philipp Poisel. Für den Wahlkampf-Endspurt sei dann aber doch eher Rammstein angesagt. (mz)