Aktion in Bitterfeld Aktion in Bitterfeld: Mit Leuten im Laden

Bitterfeld - Totgesagte leben länger. Wie wahr! Sagte man, als Hörbuch, E-Book und Co. in die Welt zogen, dem gedruckten Buch das Aus voraus, erlebt es gerade jetzt einen neuen Hype. Naja, meint der Inhaber der Buchhandlung W. Krommer in Bitterfeld, Peter Kubitschek, lachend, einen Hype wohl nicht gerade. „Aber: Das Internet konnte das Buch nicht verdrängen und das elektronische Buch boomt auch nicht mehr so wie anfangs. Ja, inzwischen glauben immer weniger Leute, dass das gedruckte Buch verschwindet.“
Der von vielen Medien vermittelte Untergang des Buchhandels spiegelt ein falsches Bild einer Branche, die im Aufbruch begriffen ist. Literatur mit allen Sinnen erlebbar zu machen, ist der Weg, der eingeschlagen wurde. In den über 4 000 inhabergeführten Verkaufsstellen in Deutschland dominieren mehr denn je Erfolgsgeschichten.
Die derzeit laufende Aktionswoche soll die unabhängigen Buchhandlungen stärken. In Großbritannien wurden ähnliche Aktionswochen für den Handel schon mehrfach umgesetzt. Dort veranstaltet die Booksellers Association jährlich die „Independent Booksellers Week“.
Übrigens: Knapp die Hälfte aller Bücher derzeit werden in Deutschland im Sortimentsbuchhandel gekauft, nur 16,5 Prozent im Internet. 46 Prozent der Frauen geben nach Umfragen an, pro Woche mehrmals zu lesen, von den Männern sind es 30 Prozent.
Welch frohe Botschaft: Ein Buch in der Hand zu halten, in ihm zu blättern, den Staub aus vergangenen Tagen auffliegen zu sehen, sich über die Qualität des Papiers und des Drucks, der Gestaltung und der Illustration zu freuen, ist nicht aus der Mode. „Die Lesegewohnheiten junger Leute sind vielleicht anders“, meint Kubitscheks Sohn Jens, Germanist und längst in den Fußstapfen seiner Eltern. „Aber ein Buch ist ein Buch ...“ Spricht’s und nimmt eins aus dem Regal. Ein guter Krimi, weiß er, ist noch immer ein guter Begleiter und eine super Lektüre auf der Winter-Couch.
Und ja: Es lebe der Laden! Der kleine, gemütliche. Der, der irgendwie dazu einlädt, zu gucken und zu blättern - in aller Ruhe zu stöbern. Der Indi-Laden, was individuell gleichermaßen meint wie unabhängig (independent) vom Willen großer Ketten. Zur Zeit übrigens stehen die Unabhängigen deutschlandweit im Mittelpunkt. Ihnen ist eine ganze Woche gewidmet, sie läuft bis zum Sonntag. Und in größeren Städten finden Lesungen, Diskussionen, Kinder-Events statt. Im Internet kann man sich unter www.buchbox.berlin informieren.
Knapp 50 Prozent der Bücher werden im Laden gekauft
Der gute alte, vom Inhaber geführte Laden. Ja, auch der hat sich behauptet - entgegen der Annahme, gegen Hugendubel, Thalia, Wohltht’sche etc. sei kein Kraut gewachsen. Jetzt lauert die Gefahr im Internet und hat Namen wie Amazon und ebay. Das allerdings betrifft die Riesen der Branche gleichermaßen. Allerdings: Nach neuesten Erhebungen werden fast die Hälfte der Bücher noch ganz klassisch im Fachladen gekauft, nur zu rund 16 Prozent dagegen im Internet.
Die Täler, durch die so Groß wie Klein schreiten muss, kennt auch Kubitschek. Deshalb engagiert er sich auch in der laufenden Kampagne „Buy Local“, die dazu animieren will, vor Ort zu kaufen, im Laden um die Ecke. Die ins Gedächtnis zurückruft, dass Händler und Handwerker nicht nur das Gleiche wie anonyme Internetversender bieten, sondern immer noch ein bisschen mehr. So merkt ein erfahrener Händler, dass das Schulbuch falsch bestellt ist, weil gerade das nur in Sachsen verwendet wird.
Was der Buchladen aus Sicht von Peter Kubitschek noch leistet, lesen sie auf Seite 2.
Auch eine gute Beratung kann nur jemand geben, der mit dem Kunden spricht. „Ich habe immer mehr den Eindruck, die Leute merken, dass die Innenstädte veröden. Sie besinnen sich auf das, was sie hier haben“, sagt Kubitschek. Und das freut ihn sichtbar. Immer öfter kämen Kunden, die im Netz bibliografiert haben, aber im Geschäft bestellen und kaufen.
Der von vielen Medien vermittelte Untergang des Buchhandels spiegelt ein falsches Bild einer Branche, die im Aufbruch begriffen ist. Literatur mit allen Sinnen erlebbar zu machen, ist der Weg, der eingeschlagen wurde. In den über 4 000 inhabergeführten Verkaufsstellen in Deutschland dominieren mehr denn je Erfolgsgeschichten.
Die derzeit laufende Aktionswoche soll die unabhängigen Buchhandlungen stärken. In Großbritannien wurden ähnliche Aktionswochen für den Handel schon mehrfach umgesetzt. Dort veranstaltet die Booksellers Association jährlich die „Independent Booksellers Week“.
Übrigens: Knapp die Hälfte aller Bücher derzeit werden in Deutschland im Sortimentsbuchhandel gekauft, nur 16,5 Prozent im Internet. 46 Prozent der Frauen geben nach Umfragen an, pro Woche mehrmals zu lesen, von den Männern sind es 30 Prozent.
So hat Kubitschek festgehalten all die Jahre an seinem Traum, Buchhändler zu sein - mit aller Leidenschaft und allem Herzblut. Und davon steckt sehr viel drin im Unternehmen: Die Tradition der Krommerschen Familie und damit die Liebe zum Gedruckten geht weit zurück - bis ins Jahr 1881. Damals gründete Wilhelm Krommer im Sudentenland eine große Druckerei und einen Buchladen dazu. Jetzt - um genau zu sein, seit 1947 - läuft die Handlung in Bitterfeld und nun auch in Wolfen. In der fünften Generation immerhin. Für Peter Kubitschek, den promovierten Germanisten, und seine Frau Bergit sei die Übernahme des Geschäfts 1990 die richtige Entscheidung gewesen, sagt er. Beide Söhne übrigens sind auch in der Branche.
Längst gehen auch die traditionellen Buchhändler mit der neuen Zeit. Die W. Krommer GmbH zum Beispiel betreibt eine eigene Web-Side, auf der sich die Leute informieren und Bücher bestellen können. Das jedoch, findet Kubitschek, ersetzt niemals das Gespräch mit den Leuten im Laden. Das ist etwas, was er nicht nur als Kundenbindung sieht. Das ist das, was für ihn den Beruf ausmacht: „Man kommt mit vielen Menschen zusammen, da gibt es richtig interessante Gespräche. Die Leute reden viel und gern. Und das ist gut so.“
Klassiker werden zu Steinen im Regal
Was Kubitschek allerdings sieht, ist, dass es schleichend bergab geht im Leseland. Klassische Literatur oder auch die Moderne, sagt er, seien kaum noch gefragt. Hesse, Frisch, Dürrenmatt, Literatur aus dem Suhrkamp- oder Diogenes-Verlag - wie Stein in den Regalen. „Von solchen Büchern wissen wir, die werden wir nicht in zwei Wochen verkaufen. Aber ich finde, die muss man da haben.“
Wie auch immer: Er versuche, die Wünsche gleichermaßen zu bedienen - das Gängige wie das Klassische, Spiele wie Kalender. Die übrigens sind im Weihnachtsgeschäft die Renner. „Leider gibt es nichts von Bitterfeld“, meint er und hebt die Schultern. Er erinnere sich noch an Zeiten, da das anders war. (mz)