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Friedenslauf 14 Sportler kämpfen sich über 1.473 Kilometer von Kap Arkona auf die Zugspitze

Warum ihnen das Spaß macht und wieso Boxer Zemski einen Schleier trägt. Eine der schwierigsten Etappen führte nach Braunlage im Harz.

Von Frank Czerwonn 26.09.2021, 08:00
Fast geschafft: Noch 500 Höhenmeter trennen Sven und Nils Kirchhoff, Hagen Worofka, Maik Ryll und Mathias Zemski vom Gipfel der Zugspitze. Oben endete der Friedenslauf 2021.
Fast geschafft: Noch 500 Höhenmeter trennen Sven und Nils Kirchhoff, Hagen Worofka, Maik Ryll und Mathias Zemski vom Gipfel der Zugspitze. Oben endete der Friedenslauf 2021. Foto: Olaf Striegan

Bitterfeld/MZ - Zwölf Tage, elf Etappen, 1.473 Kilometer - der zweite deutsch-deutsche Friedenslauf des Bitterfelder Vereins „Zukunft - Frieden“ kann mit beeindruckenden Zahlen aufwarten. 14 Läuferinnen und Läufer sind einmal quer durch Deutschland gelaufen: von Kap Arkona bis zur Zugspitze.

Dabei haben sie nicht nur sportlich Eindruck gemacht, sondern bei vielen Begegnungen für den Friedensgedanken getrommelt, sind in Ost und West mit Menschen ins Gespräch gekommen und haben nebenbei das Image von Bitterfeld aufpoliert.

Das war alles andere als ein Spaziergang. „Aber die Bewältigung dieser Herausforderungen hat uns weiter zusammengeschweißt“, sagt Vereinschef Peter Junge. Obwohl der Lauf von Rügen in die Alpen führte, war klar: Gestartet wird - wie beim Friedenslauf 2020 entlang der früheren innerdeutschen Grenze - in Bitterfeld.

„Die Bewältigung dieser Herausforderungen hat uns weiter zusammengeschweißt.“

Peter Junge, Vorsitzender des Vereins Zukunft - Frieden

Schon hier gab es breite Unterstützung. OB Armin Schenk (CDU) verabschiedete die Truppe am 8. September, Landrat Andy Grabner (CDU) lief bis zum Stadthafen mit und Händler steuerten Versorgungskisten bei, frei nach dem Motto „Ohne Verpflegung keine Bewegung“. „Das hat uns lange geholfen“, so Junge.

In drei Bussen und zwei Pkw ging es nach Kap Arkona, wo am selben Tag die erste Etappe nach Stralsund startete. 13 Läufer und eine Läuferin - Ulrike Kuester aus Hamburg - bildeten den festen Stamm. Doch immer wieder stießen Läufer hinzu. So liefen ihnen in Etappenorten Sportler entgegen.

Laufkollegen von Otto Henning aus Torgau kamen vorbei, nur um ihrem Kumpel Kraft zu wünschen. Und sogar Maxim Engelmann, Chef der Kunstgießerei Lauchhammer, in der die berühmten Friedensglocken des Bitterfelder Vereins gegossen werden, ist extra angereist und überraschte die Sportler. Er lief auf der achten Etappe von Seßlach nach Dechendorf mit. „Das ist ein Sponsor, wie man ihn sich erträumt“, sagt Junge.

Zwischen Seßlach und Dechendorf löst Hagen Worofka (r.) Mathias ?Matze? Zemski ab. Auf dem Rad werden sie von Maik Ryll begleitet.
Zwischen Seßlach und Dechendorf löst Hagen Worofka (r.) Mathias ?Matze? Zemski ab. Auf dem Rad werden sie von Maik Ryll begleitet.
Foto: Peter Junge

Prominenz fehlte ebenso wenig: Boxer Siegfried Mehnert, der Europameister von 1985 und 1989, traf die Läufer in Rostock, Ruder-Olympiasieger Thomas Lange lief auf der Strecke von Rostock nach Lübeck mit, wo behinderte und nicht behinderte Sportler ihnen entgegenkamen und Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) zum Grillabend einlud.

Inklusion wird auch in der Truppe großgeschrieben. So war unter den Teilnehmern Dimitri Nuss aus Essen, der trotz spastischer Lähmung die gesamte Tour auf dem Rad absolvierte. Ebenfalls auf dem Rad stieß Rennsteiglauf-Legende Wolfgang Nadler dazu.

Denn die Bitterfelder haben längst Sportfreunde aus anderen Orten als Mitstreiter gewonnen - so wie Boxer Hagen Worofka aus Halle. „Durch die große Altersstreuung konnten wir eine jüngere und eine ältere Läufergruppe bilden“, erklärt Junge.

Zudem gab es eine Radfahrergruppe. Und für Notfälle stand das DRK-Fahrzeug mit den Sanis Ulrich Braunschweig und Gunnar Krause bereit, die mussten jedoch kaum eingreifen. Eine der schwierigsten Etappen führte nach Braunlage im Harz, die längste mit 180 Kilometern von Lübeck nach Osterburg auf sachsen-anhaltischen Boden.

Und spielte der Wettergott mit? „Mal ja, mal nein. Wir hatten oft Glück, doch dann wieder wurden wir durch Schauer völlig durchnässt“, erzählt Junge, der die Gastgeber in Wanfried mit Bitterfelder Bier überraschte. Dass Matze Zemski und Maik Ryll zweimal in der Hochzeitssuite übernachteten und Boxer Zemski per Schleier zur Braut gekürt wurde, war nur einer von vielen Späßen.

Als es Freitag hieß, Samstag werde schön, wurde die Sonntags-Etappe vorgezogen

Doch bis zuletzt war unklar, ob das Ziel erreicht werden kann. „Die Wetterprognosen für die Zugspitze waren sehr widersprüchlich.“ Als es Freitag hieß, der Samstag wird schön, legte man die für Sonntag geplante letzte Etappe vor.

Die sechste Etappe führte die Läufer von Braunlage nach Wanfried in Hessen.
Die sechste Etappe führte die Läufer von Braunlage nach Wanfried in Hessen.
Foto: Peter Junge

Um 5 Uhr startete die erste Gruppe in Garmisch, lief durchs Reintal hoch gen Gipfel - mit Steigeisen und Sanipaket wie vorgeschrieben. Es ging über Stein und Geröll, teils kam man nur kletternd vorwärts. Für die letzten 500 Höhenmeter brauchten sie eineinhalb Stunden - auch weil viele Wanderer das schöne Wetter nutzen.

„Die haben uns als verrückt bezeichnet, was achtungsvoll gemeint war“, so Junge. Am Ende ging alles gut. „Von den vier, fünf Schönwettertagen auf der Zugspitze, wo alles stimmt, haben wir einen erwischt.“ Die Aussicht entschädigte für alle Strapazen - und bot einen berauschenden Blick in die Zukunft.