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Verbraucher tragen Kosten Wasserzweckverband Saale-Fuhne-Ziethe verspekulierte 3,1 Millionen Euro mit Wetten über Kreditzinsen

Von Torsten Adam 05.04.2018, 05:55
Der Wasserverband zahlt für seine Swapkredite mit einem Volumen von aktuell 87 Millionen Euro bis zum Jahr 2052 jährliche Zinsen von 4,5 Prozent.
Der Wasserverband zahlt für seine Swapkredite mit einem Volumen von aktuell 87 Millionen Euro bis zum Jahr 2052 jährliche Zinsen von 4,5 Prozent. dpa

Bernburg - Dem Bernburger Wasserzweckverband Saale-Fuhne-Ziethe (WZV) kommen Zinssicherungsgeschäfte der vergangenen beiden Jahrzehnte aktuell teuer zu stehen. Erstmals 1998 mitten in einer Hochzinsphase abgeschlossen, sollte mit den sogenannten Swaps eigentlich vermieden werden, für die nach der Wende aufgenommenen Investitionskredite exorbitant hohe Zinsen zahlen zu müssen.

Doch dieser Schuss ist nach hinten losgegangen, weil die Zinsen im neuen Jahrtausend in den Sinkflug gingen und seit mehreren Jahren im Keller verharren.

3,1 von 4,6 Millionen Euro sind auf Swaps zurückzuführen

Von den 4,6 Millionen Euro Zinsen, die der WZV im Vorjahr für seinen 107 Millionen Euro hohen Schuldenberg leisten musste, sind zwei Drittel auf den Swap zurückzuführen (3,1 Millionen Euro).

Wie viel Zinsen der Verband unterm Strich bislang insgesamt mehr zahlen musste als ohne Swap, lässt sich laut Janine Kretschmann, Abteilungsleiter Controlling, aufgrund der komplexen Struktur dieses Finanzprodukts nur mit größtem Aufwand exakt berechnen.

Sicher sein dürfte aber, dass die Bilanz der Vorjahre ähnlich miserabel ist, da das Zinsniveau seit zirka drei Jahren konstant niedrig ist. Die daraus resultierende höhere Belastung für den WZV schlägt sich zwangsläufig auch in höheren Gebühren für die Verbraucher nieder.

Landesrechnungshof will alle Unterlagen prüfen

„Das ist momentan nicht schön“, räumt Geschäftsführer Harald Bock ein. Er rechnet damit, dass demnächst der Landesrechnungshof in der Firmenzentrale an der Köthenschen Straße vorstellig wird, um alle Unterlagen zu den komplexen Finanzinstrumenten zu sichten.

Die unabhängige Prüfbehörde Sachsen-Anhalts hatte angekündigt, 50 Abwasserzweckverbände zwischen Arendsee und Zeitz wegen dieser Zinsderivatgeschäfte näher unter die Lupe zu nehmen.

Am Sinn dieser Prüfung hegt Harald Bock, der erst seit Oktober 2015 die Geschicke des WZV leitet, indes Zweifel. Dass der Verband aus heutiger Sicht besser auf die Swaps verzichtet hätte, wisse man inzwischen selbst. Und für die Zukunft ließen sich daraus keine Prognosen ableiten. „Solche Swaps waren damals von der Landesregierung regelrecht angepriesen worden“, erinnert er sich zurück.

Derartige Verträge damals abzuschließen ist also nicht die Idee kreativer Geschäftsführer der Abwasserverbände gewesen. Vielmehr sind diese Deals offenbar nicht nur mit Wissen, sondern auf ausdrückliche Empfehlung der Landespolitik eingefädelt worden.

Als sich in den Folgejahren abzeichnete, dass die Wette auf steigende Zinsen doch keine so gute Idee war, erfolgten Beschränkungen. Aber erst 2012 verbot das Innenministerium hochspekulative Derivate. Das beim Bernburger Verband praktizierte Zinssicherungsgeschäft sei allerdings weiterhin erlaubt, betont Harald Bock.

Swap-Palet des Wasserzweckverbandes Saale-Fuhne-Ziethe läuft bis 2052

Das 87 Millionen Euro schwere Swap-Paket, in dem der WZV vor neun Jahren diverse Einzelswaps zusammenführte, läuft noch bis zum Jahr 2052. Bis dahin sind an die Commerzbank jährlich 4,5 Prozent Zinsen zu zahlen - zuzüglich Margen von aktuell 0,12 bis 0,95 Prozent an die kreditgebenden Banken. Zum Vergleich: Kommunalkredite wären momentan für rund ein Prozent zu bekommen.

Zwar hat der WZV 2023 ein Sonderkündigungsrecht. „Aber das könnte auch Harakiri sein“, warnt Bock nun vor Schnellschüssen. Denn die Bank werde sich das Geschäft nur gegen eine angemessene Entschädigung abkaufen lassen. Und es sei durchaus denkbar, dass der Swap für den Verband noch einmal einträglich wird, sollten die Zinsen stark steigen. Zumindest kurz- und mittelfristig sieht es momentan allerdings nicht danach aus.

(mz)